Slow-Food-Market: Süsser oder Saurer?

Als alter Freund von jeder Art von landwirtschaftlich angehauchter Messe, wollte ich mir den neuen Slow-Food-Market natürlich nicht entgehen lassen. Er findet in der Oerliker Messehalle 9 (hinter dem Theater 11) statt und dauert noch bis Sonntag. Mir hats gefallen. Das Ambiente ist eher nüchtern aber das Angebot umso üppiger und alles etwas günstiger und weniger Schickimicki als an der Gourmesse. Der Unterschied ist vergleichbar mit demjenigen zwischen den Frischprodukte-Märkten am Bürkliplatz und in Oerlikon. Item, kaum ich mich versah, sass ich schon in einer Käsedegustation, was sich im italienischen geprägten Slow-Food-Slang Laboratorio dell Gusto nennt. Das war nicht nur eine höchst lehrreiche und vergnüngliche Veranstaltung, sondern auch noch ein Gaumenparcours der abenteuerlicheren Sorte. Auf dem Programm standen alle möglichen Arten von Sauerkäse. Das ist die Urform, wie die drei fachkundigen Referenten erklärten. Auf dem Podium sassen (von links nach rechts) Dominik Flammer, der, so sagt man, nicht weniger als die Bibel des Schweizer Käses verfasst hat, Raphael Pfarrer (passt doch zur Food-Messe), ein Geschäftsleitungs-Mitglied von Slow Food Schweiz und Jakob Knaus, der in Unterwasser Ploderchäs herstellt, aber dazu später mehr. Der Sauerkäse also steht am Ursprung der Käseherstellung, lange bevor es Lab gab liess man die Milch buchstäblich versauern, siebte die Molke ab und das war dann der Käse. Rechts rum im Uhrzeigersinn präsentierte das Trio klassischen Alpziger, einen exzellenten Rauchziger von Lenkmilch, einen Mascarpin aus den Bündner Südtälern, ein gereifter Ziger mit Rinde; dann den besagten Ploderchäs – ein ausgezeichneter aromatischer Ziger. Als nächstes kamen zwei wirklich hardcore Geschmackserlebnisse: ein Südtiroler Graukäs (auf dem unteren Bild nicht sichtbar) und ein Montafoner Sauerkäse, innendrin so räss, dass der Appenzeller dagegen geruchsneutral ist und aussen speckig. Zum Schluss noch der gute alte Schabziger. Dazu servierte man uns sortenreinen Gelbmöstler-Saft und einen ausgezeichneten Most. Wein zu Sauerkäse gehe nicht wirklich, meinte der Slow-Food-Mann, ich bin allerdings sicher, dass ein feiner Süsswein, zB. aus dem Jura, durchaus passen könnte. Es war spannend den drei Herren zuzuhören, auch weil sie historisch tief gruben. So erklärten sie, wie man im Kälbermagen die geronnene Milch und das Lab entdeckte, das die Milch ohne Säuerung gerinnen lässt und damit die Herstellung von „süssem“ Käse ermöglichte.  Dieser war natürlich auch gut vertreten am Markt. Stellvertretend hier der Bergkäser Hans Aschwanden aus Seelisberg, der nicht nur ausgezeichneten Käse macht, sondern sich auch als Agroblog-Leser outete und in der Werbung auf Kuhporträts setzt. Nicht dass ich bestechlich wäre, aber das sind mehr als genug Gründe für ein Bild hier! Herrlich war auch der Saaner Hobelkäse, den mir eine sympathische Berneoberländer Älplerin anbot. Insgesamt ein Must für Freunde von Käse und Wurst.

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