Das Show-Duell der Einkaufs-Spiegelfechter

Der Einkaufstourismus hat sich spätestens mit dem schwachen Euro zu einem Problem für den Schweizer Detailhandel entwickelt. Die CEOs der beiden Marktleader sind nervös. Der neue Coop-Chef Joos Sutter schlug kürzlich eine Senkung der Zollfrei-Grenze für Einkäufe im Ausland vor und wurde dafür harsch kritisiert, was letztlich zur Absage einer geplanten Anti-Einkaufstourismuskampagne der IG Detailhandel geführt haben dürfte. Auch Herbert Bolliger, der Migros-Geschäftsleitungsvorsitzende, agiert im Moment mässig souverän. Jüngstes Beispiel ist das merkwürdige Duell, das sich der Konzernchef mit der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) liefert. Die Geschichte geht so: Die SKS hat ein 16-seitiges Broschürchen, einen sogenannten Mini-Ratgeber herausgegeben, der den Konsumenten das grenzenlose Einkaufen erleichtern soll. Das hat einigen Staub aufgewirbelt, nicht zu Unrecht. Dass ausgerechnet die SKS den Einkaufstourismus aktiv fördert ist ziemlich inkonsequent, gefällt sich die Organisation doch ansonsten in der Rolle der Tier- und Umweltfreundin, zum Beispiel in ihrem neuesten Magazin wo man ein Plädoyer für farbiges Kalbfleisch findet. Dass nun die Konsumenten weit fahren sollen, um vermutlich nicht sonderlich tierfreundlich produziertes Fleisch zu kaufen, entspringt wohl dem verzweifelten Wunsch der SKS zur Profilierung als Preiskämpferin. Früher oder später wird die Organisation aber akzeptieren müssen, dass Qualitäts- und Tiefstpreisstrategie nicht zu verbinden sind. Die harsche Reaktion des Migros-Chefs aber ist dann schon fast grotesk. Ihm sei fast der Kopf abgefallen vor lauter Kopfschütteln über die Broschüre bescheidet er uns in der „Aargauer-Zeitung“. Ach, der Ärmste. Was ihn störte war aber nicht etwa der Inhalt, sondern der Preis von 9 Franken 50. Man zocke die Konsumenten ab, befand der Migros-Chef. Ausgerechnet. Ich bin überzeugt, dass die Migros – selber eine gigantische Einkaufstouristin, übrigens – den Konsumenten pro Kilo importiertem Rindfleisch mehr Marge abknöpft, als das Broschürli der SKS kostet. Wetten? Bolliger darf mir gerne das Gegenteil beweisen indem er seine Marge offenlegt. Aber diese sind auf der ganzen Breite – auch bei Coop – bestgehütetes Geheimnis. Nicht umsonst, wahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund ist die Auseinandersetzung von SKS und Migros nicht mehr als ein Show-Duell von Spiegelfechtern.

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