Die letzten zwei Tage haben die Bauernvertreter im Nationalrat wieder einmal erfolgreich auf die Ökobremse gedrückt. Am Montag lehnte die grosse Kammer eine Motion von Ständerat This Jenny und eine Parlamentarische Initiative von Daniel Jositsch ab. Beide Vorstösse forderten, Tierquälern sämtliche Direktzahlungen zu streichen und nicht nur diejenigen, welche im Zusammenhang mit der Tierhaltung stehen. Am Dienstag dann nahm der Rat eine Motion der bäuerlich dominierten Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission (UREK) an, die kurz zusammengefasst fordert, den Gewässerschutz bauernfreundlicher auszugestalten, das heisst, Revitalisierungsprojekte für Fliessgewässer räumlich möglichst knapp zu halten. Was zeigen uns diese Entscheide? Die Bauernlobby ist unverändert stark im Parlament vertreten und vermag dort auch Mehrheiten zu bilden. Das ist an sich positiv, denn die Landwirtschaft ist nicht nur räumlich, sondern auch ökonomisch in Bedrängnis. Die Frage ist nur, ob diese Macht intelligent eingesetzt wird. Was sind die Signale, die diese Entscheide aussenden? Tierquäler, es gibt sie, wenn auch nicht in grosser Zahl, geniessen trotz dem enormen Imageschaden, den sie anrichten, Artenschutz. Das kann nicht im Sinne der grossen Mehrheit der Bauern sein, die ihre Tiere gesetzeskonform oder gar labelgerecht tierfreundlich halten; zumal der ökologische Leistungsnachweis, dessen Einhaltung die tiergerechte Haltung fordert erfüllt sein muss, wenn einer Direktzahlungen erhalten will. Zweites Signal: Gewässerschutz ist schon recht, aber nur solange er uns nicht tangiert. Ich kann nachvollziehen, dass die Bauern heute um jeden Quadratmeter feilschen, aber es gilt zu anerkennen, dass man dank Drainage, der Begradigung und Eindolung von Bächen sowie der damit einhergehenden Ausräumung ganzer Kulturlandschaften einst viel Land dazu gewonnen hat. Dem gesellschaftlichen Wandel, der die Landschaft vermehrt als gestalteten Erholungsraum betrachtet, gilt es Rechnung zu tragen und ein Stück davon zurückzugeben. Die Landwirtschaft soll ihren Platz haben, aber sie muss bereit sein ihn, zumindest an den Rändern, zu teilen. Das wird die Steuerzahler, von denen jeder Bewirtschafter heute in hohem Masse abhängig ist, froher stimmen, als eine Pflugsohle bis an das Flussufer. (Bild Bauernzeitung)
PS. Zu dieser Geschichte haben sich kurz nach Erscheinen dieses Artikels Fischer und Bauern noch eine kleine Wasserschlacht geliefert. An der DV fuhr der Zentralpräsident des Schweizerischen Fischereiverbands (SFV) das grosse Schleppnetz aus, und steckte die Bauernlobby in die Reuse. Hier die Medienmitteilung. Das wollte Brugg nicht auf sich sitzen lassen und konterte diesen Akt der Bauernfängerei mit einer eigenen Mitteilung. Die Zusammenfassung des kleinen Verbands-Clashes finden Sie hier.
Schlagwörter: Gewässerschutz, Tierschutz
Juni 13, 2012 um 4:56 pm
Viele „Likes“ von mir, insbesondere was das zweite Thema angeht.
Und selbst das, macht keineswegs einen Sonntagsbraten.
Ein Paradigmenwechsel wäre dringendst nötig… nicht nur Kosmetik mit dem Argument des Landschaftsschutzes, Erholungsraum etc.
Eine richtige Gewässer-Schutz-Politik sollte mal einer in Bern oben implementieren. Wenn nicht, ich kandidiere unabhängig für den BR 2015!
Erkenntnis soll ja bekanntlich den Weg zur Besserung ebnen.
Juni 13, 2012 um 5:22 pm
Es gibt sie, die umwelt- und tierfreundlichen Bauern, aber die Lobby derjenigen, welche nur das Geld im Kopf haben ist gross und laut. Nicht nur beim Vollzug der Tierschutzgesetzgebung hapert es in verschiedenen Kantonen, auch beim Vollzug Gewässerschutz. Wer genau hinschaut sieht, dass Pufferstreifen entlang von Gewässern widerrechtlich geackert und gedüngt werden, Jahr für Jahr, ohne Konsequenzen offenbar. Gülle, Mistabschwemmung und Pflanzenbehandlungsmittel sind häufige Verschmutzungen in unseren Bächen und Seen. Wenn nur schon die heutigen Vorschriften einigermassen eingehalten würden, wäre schon sehr viel getan für die Wasserlebewesen und das Trinkwasser der Steuerzahlenden!
Das Bild der Bauernzeitung ist übrigens harmlos, denn der 3 m breite Pufferstreifen ist vorhanden. Ich kenne einen gleich aussehenden Kanal mit einem „Pufferstreifen“ zum Maisfeld von nur 50 cm. Das ist nur möglich weil Beamte und Polizei die Augen schliessen und nicht kontrolliert wird. Gewässerverschmutzungen sind Offizialdelikte, müssten also von Amtes wegen verfolgt werden.