GVO: Mit der 3D-Strategie aus den Gräben

Die grüne Gentechnologie steht zur Zeit wieder einmal im Mittelpunkt diverser Auseinandersetzungen. Am lautesten ist das Getöse zum einen rund um eine Studie von Forschern der Universitäten Rouen und Caen, die herausgefunden haben wollen, dass Ratten schneller Tumore entwickeln, wenn man ihnen Roundup-Ready und Bt-Mais aus dem Haus Monsanto verfüttert. Der zweite Grosskampfplatz ist die sogenannte Proposition 37, eine Art Volksinitiative von Bauern und Biogrosshandel, die in Kalifornien am 6. November zur Abstimmung kommt und eine Deklarationspflicht für Lebensmittel mit GVO-Inhaltsstoffen  fordert.
Beide Auseinandersetzungen werden erbittert geführt und es gibt gewisse Parallelen und Unterschiede. Der Disput um die Forschungsarbeit ist diffus, ich bin zuwenig Wissenschafter, um beurteilen zu können, ob hier sauber gearbeitet wurde, offenbar gibt es gewisse Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Forscher. Sicher aber ist es ein schönes Beispiel für den Glaubenskrieg, der um den Einsatz grüner Gentechnologie tobt. In den letzten 10 Tagen hat sich kaum eine kritische Organisation nicht leicht triumphierend zu den Ergebnissen gemeldet, während Monsanto gegen die Arbeit auf die Hinterbeine stieg. Ich würde mal folgendes Fazit ziehen: Die Studie reicht sicherlich nicht aus, um die Schädlichkeit von Lebensmitteln mit GVO-Inhalten unter Beweis zu stellen, die absolute Unschädlichkeit postulieren zu wollen, wäre aber wohl auch etwas übermütig.
Deshalb müssen Konsument und Konsumentin entscheiden können, ob sie GVO-Nahrungsmittel zu sich nehmen wollen, ebenso wie sie heute am Regal entscheiden dürfen, ob sie biologisch oder konventionell hergestellte Lebensmittel kaufen wollen. In der Schweiz und der EU ist diese Deklaration längst klar geregelt. In den USA ist man aber mit der Wahlfreiheit noch nicht soweit. Vom Referendum in Kalifornien (siehe Abstimmungswerbung oben links und rechts) erwartet man Signalwirkung für das ganze Land. Mit allerlei fadenscheinigen Argumenten und Millioneninvestitionen ziehen diverse multinationale Unternehmen in den Abstimmungskampf. Dabei ist Doppelmoral an der Tagesordnung, wie ein Bloggerkollege aufzeigt. Wenn die GVO-Produkte derart unbedenklich sind, wie die Hersteller immer argumentieren, dann dürfte einer Deklaration eigentlich nichts entgegen stehen. Natürlich kostet das etwas, denn darum dürfte es in erster Linie gehen, aber man nagt ja im Allgemeinen nicht gerade am Hungertuch, wie die Beispiele der im Gegenkomitee engagierten Nestlé und Syngenta zeigen.
Längerfristig dürften eine klare Deklaration und das Eingeständnis, dass man mit der Technologie noch am Anfang steht, die Diskussion entkrampfen. Das wäre sicher nützlich, vor allem für weniger lukrative aber deshalb umso bauernfreundlichere Anwendungen der Gentechnologie, die im Getöse des multinationalen Glaubenskriegs verschütt zu gehen drohen. Gerade diese Woche habe ich eine Nachricht gesehen, wonach die ETH Gentech-Maniok entwickelt hat, der resistent ist gegen das in Nigeria sehr gefürchtete Brown Streak Virus. Ebenda an der ETH ist Pflanzenbiologe Cesare Gessler, beileibe kein Jünger der Agromultis, seit langem damit befasst, mit Gen-Engineering resistente Apfelsorten zu entwickeln, in diesem Text finden sich dazu einige Details. Zusammengefasst plädiere ich im GVO-Zusammenhang für eine 3D-Strategie: Deklarieren, differenzieren, deeskalieren. (Bild ganz oben Miguel Medina/AFP)

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