Schon wieder Top-Kuhbilder aus der Leserschaft, die Wander- und die Alpsaison sind in vollem Gang. Urs (merci viumau!) schreibt mir dazu folgendes: „bei einer schönen wanderung oberhalb von der ebenalp (ai) zum säntis sind wir auf diesen sennen mit seinen schönen gurtkühen gestossen. was mir auch wieder imponierte aus dieser sicht, ist die eutervene, wieviel brauchts? 6000 liter blut für einen liter milch?“ Gute Frage. Wenn ich mich richtig erinnere an die entsprechende lang zurückliegende Schulstunde, braucht es nur 500 Liter Blut durchs Euter für einen Liter Milch, aber das ist immer noch imposant genug.
Was die Kuh dagegen eher nicht braucht für die Milchproduktion, beziehungsweise nicht brauchen sollte, ist Kexxtone. Dieser brüske Themenschwenk aus der Appenzeller Idylle in die Niederungen der hochintensiven Milchproduktion kommt aus Anlass eines Mikrojubiläums. Just vor Monatsfrist hat das ARD-TV-Magazin Plusminus einen kritischen Beitrag über die Verwendung des genannten Produkts aus dem Hause Lilly gesendet. Die Sendung sprach plakativ von Kuhdoping, was die vermutlich erhofften Abwehrreflexe offizieller deutscher Bauernkreise zuverlässig auslöste. Man verwehrte sich gegen die Vorwürfe und sprach von unsinniger Berichterstattung.
Ich bin darauf gekommen, weil mich ein deutscher Kollege fragte, ob das Medikament in der Schweiz auch angewandt werde. In der EU ist es seit Januar bewilligt. Es ist ein präventiv eingesetztes Produkt gegen die Stoffwechselstörung Ketose, die bei Hochleistungskühen nach dem Kalben auftreten kann. Das führt dazu, und dies war einer der Vorwürfe in der Sendung, dass wahrscheinlich auch Kühe behandelt werden, die gar nie Ketose erleiden würden. Dies auch deshalb weil Kexxtone einen schönen Nebeneffekt hat und die Milchproduktion um 500 Liter pro Laktation zu steigern vermag, wie „Plusminus“ vorrechnete.
Ob das Medikament in der Schweiz überhaupt zugelassen ist, weiss ich nicht. Eine entsprechende Domain ist zwar reserviert, aber ich gehe davon aus, dass Kexxtone, wenn überhaupt, nicht grossflächig zum Einsatz kommt. Man möge mich korrigieren. Grundsätzlich kann man ja nicht guten Gewissens gegen Medikamenteneinsatz sein, dort wo er sinnvoll ist. Aber in diesem Fall riecht es nach Symptombekämpfung. Hochleistungskühe laufen am Limit und die Ketose ist ein Symptom für die Überlastung. Sie sollte nicht präventiv bekämpft werden sondern als Warnlicht wahrgenommen werden. Auf die Dauer kann ein solches Produkt – diese Milchbüchleinrechnung erlaube ich mir – nicht rentieren, selbst wenn 500 Liter Milch mehr resultieren. Denn die Kuh wird statt entlastet weiter hart am Limit gefahren, was der Langlebigkeit, einem der wichtigsten Parameter für rentable Milchproduktion, sicher nicht zuträglich ist.
Ganz anders ein Alpsommer. Deshalb jetzt nochmal kurz nochmal zurück ins Idyll mit einem weiteren Bild aus dem Appenzell. Wer übrigens eine Ahnung hat, wie es zu dem Gurt kommt, soll sich doch bitte melden. Ich tippe auf eine Kreuzung mit Fleckvieh. (Bilder Urs Wiskemann)
Schlagwörter: Appenzell, ARD, Ebenalp, Kexxtone, Kuhdoping, Plusminus
Juli 16, 2013 um 7:53 am
Hallo Adi, wahrscheinlch geben nicht Kühe mit Ketose, sondern mit Kexxtone 500 l mehr Milch. lg
Juli 16, 2013 um 9:05 am
Hey Jonas, hab Dank, werd ich grad korrigieren, war schon bitzli spät…
Juli 16, 2013 um 2:25 pm
Kuhexperte bin ich nicht, daber könnte es sich nicht einfach um einen genetische Mutation eine von Braunvieh handeln, so ähnlich wie es gescheckte Hunde gibt?
Juli 16, 2013 um 9:02 pm
Lieber Adi
Die Gurtkühe sind alles reinrassige Braunviehkühe. Das Gurtmuster ist so wie das Blüem- oder Ryfmuster eine Farbvariante beim Braunvieh. Aber das haben wir ja letzthin schon bei Dir im Blog behandelt!
Juli 19, 2013 um 3:29 pm
@jonas und @thomas Ich danke bestens, guter Hinweis, Thomas, Dein Wettbewerbspreis aus der damaligen Diskussion ist immer noch nicht unterwegs, aber kommt bald…