Archive for the ‘AgrInnovation’ Category

Die Country-Mall – ist das noch Landwirtschaft?

Oktober 8, 2017

Heute werden sie wieder zu Tausenden auf die Juckerfarm in Seegräben strömen, die Erlebnishungrigen. Ich war letzten Sonntag kurz dort und etwas überrascht. Soviel Volk hätte ich dann doch nicht erwartet.

Klar, das selbsternannte „Kürbis-Imperium“ kannte man schon als Publikumsmagnet, aber jedesmal wenns einem hierhin verschlägt, ist die Infrastruktur, das Erlebnisangebot wieder ein bisschen gewachsen.

Aber woraus besteht denn dieses Erlebnis? Zunächst wandelt man als Anwanderer durch eine Apfelanlage, landet folgerichtig bei der mobilen Mosterei, ist dann sofort umringt von vielen Schaulustigen, die gleich nebenan den frischen Most trinkt oder abfüllt, bevor man sich am Grill eine Bratwurst, in der Bäckerei ein Stückli oder in einem der ausgewachsenen Restaurants ein komplettes Menu gönnt. Unterdessen gibt’s nämlich in einem neu anmutenden Gebäude eine zweite Beiz mit Panoramaterasse.

Mitten drin dann eine Kürbisflut, inszeniert in Skulpturen oder anderen Arrangements und natürlich Exemplare in jeder Grösse zum Verkauf. Die diversen Verkaufspunkte bieten aber nicht nur Gebäck, Most oder Kürbisse, sondern natürlich auch alle anderen Produkte von den vier Betrieben, oft in konservierter Form, seien es Würste, Konfitüre oder was sonst immer der konsumfreudige Erlebnisfreund oder seine Partnerin begehrt.

Ist das noch Landwirtschaft? Oder nur noch Kürbis-Disneyland? Ich bin für ersteres. Juckers sind clevere Unternehmer, die ihr Business systematisch und ohne viel Rücksicht auf die Gepflogenheiten der Branche ausgedehnt haben (man frage etwa die alteingesessenen Flaacher Spargelbauern…). Verboten ist das nicht, im Gegenteil, es ist von offizieller Seite, man lausche den Worten des Agrarministers, sogar sehr erwünscht. In Ueli Maurer, einem alten Freund des Hauses, haben die Juckers einen zweiten Freund im Bundesrat.

Dass beim Ausbau die Grenzen des Erlaubten ausgekitzelt werden, ist klar, dass es nicht allen gefällt ebenso. In den letzten Jahren war es das Verkehrsproblem in Seegräben, das eher noch mehr Schlagzeilen machte, als die Details der Kürbisausstellung. Ganz zum Unmut der benachbarten Dorfbevölkerung stauten sich die Autos immer ärger. Zuweilen war die Rede von einer Seilbahn zur Entlastung, wohl eher eine Bier- und PR-Idee, unterdessen behilft man sich mit einem improvisierten Parkplatz auf einer Wiese beim Bahnhof, von dort fahren prall gefüllte Shuttlebusse auf den Hof. Sicher besser als die Verkehrslawine auf den engen Gässchen im Weiler, aber das Problem ist latent und zeigt auch Grenzen auf.

Unter dem Strich aber ist mir der Erlebnisrummel auf dem Hof deutlich lieber, als die Einkaufsmeilen in der Agglo, wo sich ein Shoppingpalast an den anderen reiht. Letztlich suchen die Leute nämlich hier wie dort genau dasselbe: Konsum kombiniert mit Erlebnis, und bei Jucker ist letzteres ganz sicher authentischer, als in einem Franz-Carl-Weber-Schaufenster oder am Würstlistand von Ikea. Und ein solch emsiges Treiben auf einem Landwirtschaftsbetrieb, auch wenn es etwas übertrieben scheint, ist mir definitiv lieber, als die Tristesse, welche die für immer geschlossenen Höfe auf dem Weg an den Bahnhof ausstrahlen.

South Africa: Hard Work für mehr Wertschöpfung

April 17, 2017

 

Vorletzte Woche hatte ich das Glück, am internationalen Agarjournalistenkongress der IFAJ in Südafrika teilnehmen zu dürfen (IFAJ=International Federation of Agricultural Journalists). Es waren sehr eindrückliche Tage: Ein Land, das einem auf den ersten Blick an Europa erinnert, völlig ungewohnt im Vergleich zu dem, das einem von diesem so vielgestaltigen Kontinent sonst in Erinnerung ist. Auf den zweiten Blick entdeckt man dann aber vieles, das doch nicht so anders ist, als an vielen Orten in Afrika.

Zum Beispiel, dass die Handarbeit praktisch ausschliesslich von Schwarzen ausgeübt wird, wobei die „Rainbownation“ natürlich nicht nur Schwarz und Weiss ist, sondern vielfarbig, und doch sind die Aufgaben klar verteilt, denn die „couloured“ also gemischtrassigen People sind auch nicht unbedingt diejenigen in den Bürojobs, zumindest nicht in der Landwirtschaft.

Diese Filmlis stammen aus verschiedenen Betrieben, die wir besucht haben auf unserer Blitzreise durch dieses riesige und facettenreiche Land. Das oben stammt von Laastedrif Farming, einem grossen Landwirtschaftsunternehmen mit Gemüse-Verarbeitung (zwecks höherer Wertschöpfung in einer Nation ohne Agrarsubventionen) und einer produktiven landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 2300 ha, auf denen vor allem Gemüse und Obst wächst sowie Schafe weiden. Der Arbeiter macht Butternut-Kürbisse zu Butternut-Spaghettis, die dann nur 2-3 Minuten in der Mikrowelle schmoren müssen, um servierbereit zu sein.

Dieser und weitere besuchten Betriebe kümmern sich intensiv um ihre Arbeiter und Arbeiterinnen, im Fall von Laastedrif sind es nicht weniger als 500, mehrheitlich fest angestellt. Sie erhalten als Teil des Lohns Wohnraum, eine Schule samt Hort und Krippe für die Kinder sowie medizinische Grundversorgung, das ist längst nicht für alle SüdafrikanerInnen selbstverständlich. Trotzdem, die Arbeit ist hart, der Boss ist weiss und das ist eine kleine Reverenz an die Leute, die sie täglich verrichten, diese Arbeit, seis in Südafrika oder sonstwo auf der Welt.

 

Dieses Video zeigt die Rollrasenernte bei Rossgro, einer weiteren grossen Landwirtschaftsgruppe, die unter anderem auch stark in der Geflügel- und Futtermittelproduktion investiert ist.

 

Hier ein Blick in die Karottenstäbchenproduktionsstrasse bei Laastedrif. Im Hingergrund ein Agrarfotograf an der Arbeit, nicht die anspruchsloseste Kundschaft…

 

Hier ein Eindruck aus der Rüeblisortierhalle bei Laastedrif.

 

Die Äpfel von Laastedrift gehen zur Sortierung zum Fruchtgrossisten und Safthersteller Ceres, der sich teilweise in den Händen der Produzenten befindet.

 

Zum Schluss noch einmal die Rollrasenernte bei Rossgro, die mich auch mechanisch recht fasziniert hat, deshalb ein zweites davon.

Der fette Kuchen zum fetten Spät-Januar

März 7, 2017

Keine Angst, das wird jetzt hier nicht der 3733. Kochblog.Aber ich bin Ihnen, geneigte Leserschaft, ja noch eine Antwort schuldig, genauer: eine Wettbewerbsantwort. Und der Gewinner ist: Thomas Rippel! Herzliche Gratulation. Aber der Reihe nach: Vielleicht erinnern Sie sich noch an den auf Februar ausgeweiteten „Fetten Januar“ und das Preisausschreiben für die „Fette Sau“ von Jürgen Schmücking? Das tolle Buch – hier rechtsliegend – winkte ja dem-/derjenigen, die/der mir das beste fette Rezept zustellen würde. Nun, ohne die Leistung von Thomas schmälern zu wollen, das Teilnehmerfeld war relativ klein, um genau zu sein umfasste es genau eine Person. Der fette Preis für den Sieger ist aber nicht minder verdient, sein Rezept sieht nämlich lecker aus, probiert habe ich es zwar noch nicht, aber schon beim mit den Augen probieren siehts verlocken aus.

Aber überlassen wir das Wort doch dem Gewinner: „Ich habe ein Rezept von einer 92-jährigen Frau aus dem Welschland welche uns regelmässig am Hof besucht bekommen nachdem ich ihr von meiner Liebe für Grieben erzählt habe – Griebenkuchen. Sie hat es auf einer Schreibmaschine getippt und mir mit einem netten handgeschriebenen Brief geschickt. Heute habe ich das Rezept ausprobiert und es wurde köstlich 🙂 Die Grieben habe ich übrigens auch selber gemacht.
Ich habe das Rezept nun noch mal ein wenig Nose-to-Tail-iger gemacht. Statt Ei und Milch habe ich Blut genommen (s. Bild unten):

-250g Mehl
-125g Grieben
-125ml Blut
-1/2 Teelöffel Salz
-1 Esslöffel Schmalz
-Hefe“

Danke, Thomas. Mir gefällt das Rezept natürlich auch weil Grieben vorkommen. Auf gut berndeutsch heissen die Gräubi, das ist ausgelassenes Schweinefett gewürfelt (s. das instruktive Bild von Thomas). Und Grossvater selig pflegte sie im Winter den Hühnern zu futtern. Das gab den Eierproduzentinnen den nötigen Schmutz, um die damals noch arktischen Temperaturen in der kalten Emmentaler Jahreszeit zu überstehen, wobei ein guter Anteil immer auch direkt im Magen des Grosssohns verschwand. Das war ein wachsiges Beifutter.

Toll übrigens auch die Wortschöpfung „Nose-to-tailiger“, das merk ich mir. Lasst uns den Fleischkonsum wieder „Nose-to-tailiger“ machen, das ist doch ein guter Vorsatz für einen Dienstagabend.

Zum Schluss noch zwei, drei Worte über den Gewinner, bzw. seinen Brot-, bzw. Grieben-Erwerb. Er ist laut der schmucken Website Landwirtschaftsgeselle auf dem Hof Maiezyt in Habkern im Berner Oberland. Sieht nach einem interessanten Gemeinschaftsprojekt aus. Daneben unterhält unser Gewinner eine eigene stattliche und lesenswerte Webpräsenz. Ich wünsche Glück in den Stall und weiterhin ein gutes Händchen in der Küche! Der fette Preis ist unterwegs, oder jedenfalls schon fast. (Bilder Thomas Rippel)

Baysanto: ChemiEhe mit hoher Bringschuld

September 25, 2016

mariageNun ist sie also so gut wie amtlich bewilligt, die Multimultimilliarden-Hochzeit zwischen Bayern und Monsanto, beziehungsweise die Adoption des amerikanischen Schmuddelknabens durch die Leverkusener Mutti. Das ist keine Überraschung: Die Ausweitung von Marktmacht durch Konzentration gehört zu den Megatrends in der heutigen Wirtschaft, daran wird auch in diesem Fall das Hüsteln der im Gegensatz zu Braut und Bräutigam national organisierten Wettbewerbsbehörden gar nichts ändern, wie die Erfahrung zeigt.

Der reizende Kommentar

Von dem her nichts Neues im Westen und an sich auch nicht des Bloggens wert. Doch der Kommentar von NZZ-Wirtschaftsredaktor Sergio Aiolfi zum Baysanto-Merger hat mich nun doch zu fest gereizt, um hier nicht wieder einmal in die Tasten zu greifen. Nicht etwa, um den geschätzten Ex-Kollegen zu bashen, sondern weil sein Text exemplarisch zeigt, wie simplifizierend und letztlich naiv heute von Wirtschaftsexperten die Kritik an dieser Fusion und generell am Agieren der Chemie-Grossunternehmen vom Tisch gewischt wird, obschon es angesichts der bisherigen Erfahrungen jenseits der ausgewaschenen Schützengräben von erbitterten Befürwortern und Gegnern mehr als genug Anlass gibt, diesen gigantischen Zusammenschluss kritisch zu hinterfragen.

Aiolfis Kommentar ist typisch für eine Denkschule, die höchstens den Shareholdern, ganz sicher aber nicht den Konsumenten und den Bauern, und zu allerletzt denjenigen in der dritten Welt dient. Es sei hier wieder einmal erwähnt, dass über die Hälfte der Armen auf dieser Welt Bauern sind, denen die finanzielle und technische Basis für einen sicheren Einsatz der Hi-Tech-Chemierezepte fehlt. Aber der Reihe nach. (Den Kommentar übrigens, sollten Sie den oben eingefügten Link nicht nutzen können, habe ich untenstehend in voller Länge eingefügt.)

Tränen der Rührung?

Aiolfi erwähnt zum Auftakt den möglichen Reputationsschaden für das deutsche Unternehmen durch eine Übernahme von Monsanto. Sollen uns nun die Tränen der Rührung kommen, ob des uneigennützigen Einkaufs von Bayer? Als ob irgendjemand von einem der schärfsten Konkurrenten Monsantos eine Imagekorrektur für das rücksichtslose Geschäftsgebahren der Amerikaner (dem Vernehmen nach beschäftigt Monsanto mehr Anwälte als Agronomen) erwarten würde. Bayer ist keine gemeinnützige Gewissensstiftung, sondern ein Unternehmen, das im Bereich von pestizidresistentem GVO-Saatgut gegenüber Monsanto ein grosses Defizit hat und dieses mit dem Zukauf auszugleichen versucht. Monsanto seinerseits verzeichnet ein Vakuum in der Produkte-Pipeline, weil man sich zu lange auf ein einziges Produkt verlassen hat, dessen Patente nun auslaufen.

Dass die Reputation von Monsanto durch den Einsatz seiner Roundup-Kupplungs-Technologie (Verkauf von Herbizid und dagegen resistentem GVO-Saatgut) gelitten hat, ist nicht das Verdienst der „arroganten Bayer- und Monsanto-Kritiker“, sondern weitestgehend selbst verschuldet. Dabei ist der zuweilen schrille Widerstand von NGO und Konsumenten in Westeuropa nur ein Nebenschauplatz. Das Hauptproblem aus agronomischer und damit auch gesellschaftlicher Sicht liegt anderswo.

Mit der Verschmälerung des Saatgut-Angebots auf wenige GVO-resistente Sorten (und damit der vom Kollegen in Abrede gestellten Verminderung der Auswahl für Konsumenten und Landwirte (beim Saatguteinkauf)), förderte Monsanto vor allem im weitherum boomenden Sojaanbau geradezu die Resistenzen von Unkräutern gegen Roundup. Die Folge ist unter anderem der grossflächige Einsatz hochgiftigen Substanzen wie Atrazin oder 2,4-D, welche oft mit Flugzeugen versprüht werden, die dabei ganze Dörfer einnebeln und die Gesundheit der Anwohner permanent gefährden. Das passiert aber nicht etwa in Europa, sondern zum Beispiel in Südamerika, wo mit GVO-Saatgut richtig Geld verdient wird.

Keine Spur von Technologiefeindlichkeit

Aiolfi führt den Widerstand gegen solche Auswüchse auf Technologiefeindlichkeit „der Grünen“ zurück. Wenn er damit die Biobauern und das ihnen wohl gesonnene politische Umfeld meint, dann ist er definitiv auf dem Holzweg. Diese sind nämlich keineswegs technologiefeindlich, sondern vor allem allergisch auf die Vereinnahmung ihrer Produktionsgrundlagen durch Konzerne, welche nicht etwa die komplette Ernährung der Weltbevölkerung anstreben, sondern, wie Aiolfi richtig feststellt, die „konsequente Verfolgung der Interessen der Aktionäre“, die der Kommentator wie leider viele seiner Kollegen mit denjenigen sämtlicher Stakeholder verwechselt oder verwechseln will.

Wollten die Shareholder und damit ihre Firmen nämlich nicht kurzfristigen Profit, sondern tatsächlich eine globale Ausrottung der Unterernährung und der Armut, dann hätten sie den Tatbeweis dafür längstens liefern können. Das ist aber bisher nicht gelungen, deshalb wohl auch die nachvollziehbare Skepsis der Kritiker, dass Baysanto und Konsorten künftig anders zu agieren gedenken. Mit Arroganz hat dies nichts zu tun, eher mit pragmatischer Einschätzung der Lage. Deshalb erübrigt es sich auch, die vorliegende Fusion mit der Ernährung von mutmasslich 2,3 Milliarden Menschen mehr anno 2050 rechtfertigen zu wollen.

Zurück zur von Aiolfi vermuteten „fatalen Technologie-Verteufelung“ durch die „Grünen“. Ich empfehle dem Kommentator statt der x-ten Bilanzmedienkonferenz einen Besuch an einem Bioackerbautag (siehe z.B. Video unten). Dort wird er sehen, dass sich hinter jedem modernen mechanischen Unkrautbekämpfungsgerät Trauben von Bauern und Bäuerinnen (auch konventionellen) scharen, die gespannt auf neue Technologie warten, um dem Unkraut ohne Pestizide Herr zu werden. Die aus ökologischer Überzeugung, ökonomischem Kalkül (bessere Preise für Bioprodukte) oder weil sie den Resistenzen auch mit den neueren, und durchaus umweltverträglicheren synthetischen Pestiziden nicht beikommen.

Grünes Digital Farming

Diese Geräte arbeiten mit modernster Digitaltechnologie, GPS, Lasersensoren, Hi-Tech-Steuerungen etc., eben Digital Farming. Bei deren Entwicklung sind aber nicht die Chemiemultis, sondern vorwiegend KMU führend, welche mit tatkräftiger Unterstützung der Landwirte neues Gerät entwickeln. Selbiges gilt für den biologischen Pflanzenschutz, wo grosse Chemieunternehmen, darunter Bayer, den Braten gerochen haben und Start-Ups gleich reihenweise aufkaufen. Von Technologiefeindlichkeit also keine Spur.

Auch GVO werden übrigens bei den „Grünen“ keineswegs nur im gut-böse-Raster diskutiert, sondern von gewissen Leuten durchaus als Chance gesehen, zum Beispiel, um den dringend nötigen Zuchtfortschritt für krankheitsresistente zu beschleunigen. Der Grund warum diese positiven Stimmen noch in der Minderzahl sind, ist nicht Technologie-Verteufelung sondern hauptsächlich darin zu suchen, dass die Grossunternehmen die Technologie bisher vor allem dafür benutzt haben, ihre Interessen am Markt durchzusetzen.

Zum Glück ist Food ein Politikum

Zum Schluss noch ein Wort zum Thema Food. Aiolfi beklagt sich, dass sich „Slow-Food-Freunde“ und andere Grosskonzern-Kritiker der Ernährung als Politikum annehmen, statt sich widerstandslos verabreichen zu lassen, was eine zunehmend konzentrierte Nahrungsmittelindustrie innoviert („Fast Food als Segen für minderbemittelte Konsumenten“). Die Verdienste der Konzerne um Food-Standards (Hygiene, Convenience etc.) in Ehren, aber dass sich immer mehr Konsumenten und ihre Vertreter das Recht herausnehmen, Fragen zu stellen und über Nahrungsmittel engagiert zu diskutieren und via Auswahl die Produktion zu steuern, ist ein Segen. Dieser Bereich ist zu essentiell und lebensnah, als dass man ihn den Konzernen überlassen könnte. Ein liberaler Geist sollte eigentlich froh sein, wenn die Konsumenten als mündige Wirtschaftssubjekte so Qualitätsförderung betreiben.

Zum Schluss wünsche ich mir, dass mich diese Mega-ChemiEhe positiv überrascht und dass sie bessere Blüten treibt, als das Vorgängermodell. 1954 haben Bayer und Monsanto gemeinsame Firma Mobay gegründet, wie man auf Wikipedia ausführlich nachlesen kann. Das 1992 aufgelöste Unternehmen produzierte unter anderem 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure für den Entlaubungscoktail Agent Orange, den die Amerikaner im Vietnamkrieg verwendeten. Es kann ja eigentlich nur noch besser werden, die Bringschuld ist hoch. (Bild marketwatch.com)

 

Der Kommentar von Sergio Aiolfi in der NZZ vom 17.9.2016:

Proteste gegen den Zusammenschluss von Bayer und Monsanto: Fatale Technologie-Verteufelung
«Höllische Heirat», «tödliche Vereinigung», «Errichtung eines arroganten Imperiums», das unweigerlich im «Ökozid» endet: Umweltschützer und Kritiker aus dem Lager der Nichtregierungsorganisationen lassen an der geplanten Übernahme von Monsanto durch Bayer kein gutes Haar. Mit dieser Transaktion geht das deutsche Pharmaunternehmen nicht nur betriebliche und finanzielle Risiken ein, sondern es nimmt auch einen möglichen Reputationsschaden in Kauf. Der amerikanische Saatguthersteller ist wohl der meistgehasste Multi der Welt. Als dessen neuer Eigentümer läuft der Leverkusener Konzern – seinerseits immer wieder Zielscheibe von Kritikern – Gefahr, die Gegner noch weiter gegen sich aufzubringen. In ihren wütenden Reaktionen prangern diese die angebliche Ballung von Marktmacht an, die mit der Fusion einhergeht; zudem machen sie geltend, dass sich für die Konsumenten damit die Auswahl an Nahrungsmitteln verringern werde. Dass die Wettbewerbsbehörden in den Ländern, in denen Bayer/Monsanto künftig tätig sein wird, Monopolstrukturen kaum tolerieren werden, findet bei den Kritikern keine Erwähnung. Erstaunlich an deren Stellungnahmen ist ohnehin der völlige Mangel an sachlichen Argumenten, die erklären würden, warum die geplante Übernahme denn so verwerflich wäre. Die Aktivisten brüsten sich damit, dafür gesorgt zu haben, dass der Name Monsanto zum Synonym von «Gift» geworden sei. Weitere Erläuterungen erübrigen sich. Angesichts der Tragweite dieser Transaktion ist das sehr dürftig.

Nahrungsmittel als Politikum

Viele der Vorwürfe, denen sich Monsanto ausgesetzt sieht, könnte man auch anderen Firmen machen. Der Konzern ist marktmächtig, gewinnorientiert, global tätig und verfolgt konsequent die Interessen der Aktionäre. Banken, Rohstoffkonzerne und Pharmafirmen tun dies ebenfalls und geraten auch immer wieder in den Strudel der Kritik. Agrar- und Nahrungsmittelunternehmen jedoch scheinen sich für Anprangerungen ganz besonders zu eignen. Dem war nicht immer so. Die Industrialisierung des Essens und des Kochens nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise stiess in der Gesellschaft auf Akzeptanz; sie wurde als Wohltat für die eilige Hausfrau empfunden. Fast Food galt als Segen für minderbemittelte Konsumenten.

Dass Nahrungsmittel heute ein derartiges Politikum sind, hat wohl damit zu tun, dass sie einer Vielzahl von Zeitgeist-Strömungen als Protest-Plattform dienen. Industrie-, Kapitalismus- und Globalisierungskritiker finden hier ebenso Gehör wie Umweltschützer und Slow-Food-Freunde. Im Hintergrund kochen zudem die Agrarmarkt-Protektionisten ihr Süppchen und wirken darauf hin, dass ihre Einflusssphäre von Fremdem verschont bleibt. Ein Unternehmen wie Monsanto ist die ideale Verkörperung all dessen, was diese Fortschrittsskeptiker ablehnen.

Was den Kritikern vor allem in Europa besonders in die Nase sticht, sind die gentechnisch veränderten Organismen (GVO), eine Saatgut-Spezies, zu deren Entwicklung Monsanto wesentlich beigetragen hat. Auch diese Hightech-Agrarprodukte sind zum Symbol für das Böse schlechthin geworden. Sie gelten als Machtinstrumente, um den Bauern die Industrialisierung der Landwirtschaft aufzunötigen, sie in die Abhängigkeit von Konzernen zu zwingen und die Umwelt zu zerstören. Diesem grotesken Zerrbild werden die Segnungen des Biolandbaus gegenübergestellt, welcher der Menschheit auf sanfte Art den Weg zurück zur Natur weist.

Die Gefahr besteht, dass die europäische Sichtweise und der Biolandbau zum Modell für die Lösung der globalen Ernährungsprobleme werden. Ein Fehlschluss.

Ist das tatsächlich die Alternative zur konventionellen Agrartechnologie? Nach den Schätzungen der Uno-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) dürfte die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen angewachsen sein; das sind 2,3 Milliarden mehr als heute. Damit all diese Erdbewohner ernährt werden können, wird die Nahrungsmittelproduktion gegenüber dem jetzigen Stand überproportional gesteigert werden müssen; es ist davon auszugehen, dass mit zunehmendem Wohlstand vorab in Schwellenländern der Kalorienverbrauch pro Kopf zunehmen wird. Die agrarwirtschaftlichen Nutzflächen lassen sich jedoch nicht entsprechend ausweiten, was bedeutet, dass man bestehendes Ackerland intensiver nutzen muss. Gleichzeitig wird man weniger Wasser und weniger Chemikalien einsetzen können.

Mit den Mitteln der Biolandwirtschaft werden sich diese globalen Herausforderungen kaum meistern lassen. Die FAO betont zwar die Bedeutung des organischen Landbaus. Sie hielt jedoch bereits 2007 fest, dass auf Basis dieser Methode die derzeitige Weltbevölkerung nicht ernährt werden könne, von der Zahl künftiger Erdenbürger ganz zu schweigen. Man wird auf Produktivitätsfortschritte angewiesen sein, die unter Einsatz technologischer Neuerungen zu erzielen sind. Und dazu braucht es Firmen wie Bayer, Syngenta, Dow, DuPont, BASF – und nicht zuletzt Monsanto.

Über die Gentechnik hinaus

Auch die GVO gehören, allen Anfeindungen zum Trotz, zu den Mitteln, welche die Produktivität der Landwirtschaft fördern. Trotz allen Verdächtigungen stellen sie für die Konsumenten auch keine Gefahr dar. Bis heute jedenfalls gibt es keinen Nachweis dafür, dass die Organismen zu gesundheitlichen Schäden führen könnten. GVO sind aber auch kein Wundermittel, mit dem sich die Ernährungsprobleme allesamt lösen liessen. Bei Monsanto beging man in früheren Jahren wohl den Fehler, dieser Technologie zu grosse Bedeutung beizumessen und sie als einziges Mittel für eine zukunftsträchtige Gestaltung der Landwirtschaft zu propagieren. Davon ist der Konzern längst abgekommen, was den Kritikern vermutlich entgangen ist.

Eine neuartige, von Monsanto geförderte Agrartechnologie ist beispielsweise das Digital Farming, ein computerisiertes Verfahren, das auf der Verarbeitung von grossen Datenmengen (etwa bezüglich Bodenbeschaffenheit oder Wetterbedingungen) und dem Einsatz von Algorithmen beruht. Dank diesen Informationen können einem Landwirt präzise Anweisungen über Ort und Zeit eines optimalen Saatgut-, Dünger- und Pestizid-Einsatzes gegeben werden. Und aufgrund dieser Informationen lassen sich die mit bestehenden Anbaumethoden erzielten Erträge erhöhen. Die neue Technologie fällt heute umsatzmässig noch wenig ins Gewicht, hat aber beträchtliches Potenzial. Mit deren zunehmender Bedeutung wird sich Monsanto von einem Saatguthersteller allmählich zu einem Dienstleistungsunternehmen wandeln. GVO, der ewige Stein des Anstosses, dürften konzernintern an Bedeutung verlieren – wobei kaum anzunehmen ist, dass sich der Hass auf das Unternehmen deshalb verringern wird.

Die Fundamentalopposition, die einer Firma wie Monsanto entgegenschlägt, hat die verhängnisvolle Folge, dass alle technischen Neuerungen, die von einem Multi ausgehen, generell abgelehnt werden. Im Lager der Grünen hat sich eine Maschinenstürmer-Mentalität breitgemacht, und man gibt sich der Illusion hin, dass die Herausforderungen, die in den nächsten Jahrzehnten anstehen, ohne technische Innovationen und Zusatzleistungen zu bewältigen sein werden. Mit dem Verzicht auf Hightech und GVO ist man in Europa bisher gut zurechtgekommen. Die Gefahr besteht jedoch, dass man diese europäische Sichtweise und die Vorliebe für Biolandbau zum Modell für die Lösung der globalen Ernährungsprobleme emporstilisiert. Das ist ein fataler Fehlschluss. Namentlich Drittwelt- und Schwellenländer sind auf den Einsatz moderner, ertragssteigernder Agrartechnologien angewiesen – und solche Innovationen stammen aus den Labors und Versuchsfeldern der Agrarkonzerne. Diese Bemühungen gilt es nach Kräften zu fördern und nicht zu sabotieren, wie das die arroganten Bayer- und Monsanto-Kritiker tun.

 

Durch sieben Weidetörli musst du gehen…

Juli 10, 2016

Weidetörli1Okay, der Titel ist etwas gesucht, bin nur drauf gekommen, weil ich kürzlich gezählt und gemerkt habe, dass ich jetzt im siebten festen Job bin und ein jeder verändert wieder ein wenig die Perspektive und den Alltag, ähnlich wie einem das ab und an geht, wenn man durch ein Weidetörli kommt.
Zudem habe ich von meinen bewährten Kuhbildcracks Monika Schlatter (das oberste, aus Rikon ZH) und Urs Wiskemann (vom Bockmattli SZ) tolle Weidetörli geschickt erhalten und zu guter Letzt gedacht, es wäre höchste Zeit, wieder einmal zu bloggen.

Weidetörli2

Weidetörli3

Item, zurück zum Job Nr. 7. bei der BauernZeitung. Der ist mit einer der Zeitaufwendigsten und tagaus, tagein so stark mit der Scholle und dem darauf sich tummelnden Getier befasst, dass ich kaum noch dazu komme, in dieser Spalte Content zu liefern. Deshalb hab ich mir gedacht, ich könnt mal ein bisschen verlinken, was man dieser Tage so schreibt in der BauernZeitung.

Weidetörli4Hier ein paar Analysen aus der letzten Zeit: Die erste zum Thema Zeitung und Zukunft (es möge kein Gegensatzpaar daraus werden…) zum Auftakt mit dem neuen Layout unseres Blattes. (Sie wissen nicht wies aussieht? Kommentar oder Mail an mich genügt für Probeabo:). Dann die zweite zum Thema Pestizide und den Umgang mit der Anti-Landwirtschaftskampagne von Pro Natura. Die dritte online stehende schliesslich noch ist diejenige zum Käsemarkt und seine Lebenszeichen. Viel Vergnügen bei der Lektüre und weiterhin schönen sonnigen Sonntag! (Bilder Monika Schlatter, Urs Wiskemann)

Weidetörli5

Frühlingsweideparade (1): Jonas‘ Törli

Mai 4, 2015

Weidetor 1So schnell kann es gehen. Schon wieder ist Frühling. Die Weidesaison ist noch etwas gebremst durch die aktuelle Wetterlage aber sie kommt so sicher, wie die letzte Skitour des Winters. Die BauernZeitung (ab Herbst übrigens mein neuer Arbeitgeber) titelt: „Es geit zBärg“ und das Gras wächst kräftig. Insgesamt sicher ein guter Moment, um der beliebten Agroblog-Serie Weidetore im In- und Ausland eine weitere schöne Folge anzuhängen.

Diese reich beschrifteten Exemplare stammen von Jonas Ingold, der sie auf einer Wanderung auf den Grossen Aufacker in den Ammergauer Alpen entdeckt. Ich danke Dir herzlich!  Man beachte im unteren Bild die freestylige Kombination von Holz, roh und entrindet, sowie Schmiedeisen, vermutlich ein Recyclingobjekt. Was kann sich ein geschmackloses Gartentöri Schöneres wünschen, als bei der Zweitnutzung durch die umliegende rustikale Natur aufgewertet zu werden? (Bilder: Jonas Ingold)
Weidetor in Bayern

Weideskilift (2): Der Traktor als Pistenbully

Januar 15, 2015

SkiliftDer heutige Tag wäre ideal geeignet, um den Einstieg in die Agrarpolitik ’15 zu nehmen. Der Bundesrat hat seinen Gegenvorschlag zur Ernährungssicherheitsinitiative des Bauernverbands präsentiert. Er gleicht praktisch wie ein Ei dem anderen dem Initiativtext, der augenfälligste Unterschied ist, dass der Bundesrat einen Artikel 102a und der Bauernverband einen 104a will. Für den Bauernverband ist das ein beachtlicher Erfolg, obwohl er in seiner Medienmitteilung natürlich nicht einfach uneingeschränkt zufrieden sein kann, das wäre politisch auch unklug.

Unter dem Strich bleibt mein Fazit unverändert: An der aktuellen Agrarpolitik wird sich mit dem neuen Artikel, so denn einer kommt, angesichts der schwammigen Formulierungen hüben wie drüben nichts ändern (müssen), womit sich die Frage in den Raum drängt, wozu die ganze Übung?

Antworten gerne in der Kommentarspalte, unterdessen präsentiere ich anstatt zu spekulieren lieber eine Fortsetzung des letzten Posts. Als Reaktion darauf hat mir Ueli Aeschbacher diese tollen Bilder von seinem Weideskilift geschickt, samt diesem aufschlussreichen Text:

Chruse-Lift in Kappelen in den Wynigenbergen:
Wir sind  14 Bauernfamilien (na gut 13 Bauernfamilien, mich zähle ich dann schon eher zu den Hobbybauern) mit 45 Kindern im Alter von 3 bis 13 Jahren in den Wynigenbergen welche vor ein paar Jahren einen Kleinskilift vom Typ Borer-Star angeschafft haben und ihn seither betreiben. Der Lift hat eine Länge von 200 m, die Seilführung ist freihängend mit Bügeln, ein sogenannter ‚Händschefrässer‘. Einen rund 40 Meter breiten Streifen entlang des Auftiegs präparieren wir mit einem Same-Traktor mit Doppelrädern vorne und hinten, vierfach mit Schneeketten ausgerüstet und am Front-Dreipunktanbau mit einer uralten Holzwalze ausgerüstet. Erstaunlicherweise klebt der Schnee am Holz nicht und wir schaffen es immer, eine tolle Piste herzurichten. Letzte Woche hatten wir bereits 6 sehr schöne Skitage und dies auf 800 müM. Im Sommer grasen auf der Piste OB-Mutterkühe und Lamas. Der Name Chruse-Lift stammt von der Liegenschaft auf dem Bild ersichtlich (Anm. dies ist mein Zuhause).  Die Ortsteil heisst Kappelen in der Gemeinde Wynigen. Der Lift lief bis 2011 in Valchava im Münstertal.

Ganz herzlichen Dank, lieber Ueli, eine schöne Geschichte. Wünsche Euch, dass Ihr die Holzwalze heuer (und in den kommenden Jahren) noch ein paarmal ausfahren könnt! (Bilder: Ueli Aeschbacher)
Skilift2

 

 

 

Perlentauchen (2): Ganz Kuh fürs Ganz Jahr

Dezember 23, 2014

Kalender1(New: English translation below.)
Gerne vergisst man ja, sich selber etwas zu schenken zu Weihnachten. Da hätte ich jetzt was ganz Schönes: Der Kalender „Ganz Kuh“ aus dem Faro Verlag. Der Wandbehang erfreut nicht nur während 12 Monaten mit dekorativen Kuhbildern sondern tut ganz nebenbei auch noch Gutes für die behornte Kuh. 5 Franken vom Kaufpreis gehen an die Inititanten des Volksbegehrens „Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere“ der IG Hornkuh, für welches jetzt Unterschriften gesammelt werden.

Kalender2Die Volksinitiative verlangt Direktzahlungen für horntragende Kühe oder in Bundesbeamtendeutsch: „Er (der Bund, Red.) fördert mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen Produktionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind; dabei sorgt er insbesondere dafür, dass Kalender3Halterinnen und Halter von Kühen, Zuchtstieren, Ziegen und Zuchtziegenböcken finanziell unterstützt werden, solange die ausgewachsenen Tiere Hörner tragen.“ Das Begehren hat im Gegensatz zu zahlreichen anderen Initiativen, die gegenwärtig die Administration beschäftigen Horn und Fuss und ist deshalb durchaus unterstützungswürdig.

Bestellen kann man/frau das bildstarke Werk von Fotograf Philipp Rohner und Martin Ott bei Alfred Schädeli (alfred.schaedeli@fibl.org) zum Preis von Fr. 28.- (zuzüglich Versandskosten). Ein Exemplar gibt es hier als Geschenk, aber natürlich nur, wenn die Wettbewerbsfrage richtig beantwortet wird. Diese lautet wie folgt: Wie viele der rund 600’000 Milchkühe erreichen in der Schweiz das 10. Altersjahr? Ich wünsche viel Glück beim Raten. Ein kleiner Tipp: es sind weniger als die Hälfte, leider.

And a little translation for english speaking participants: To win this beautiful calendar, you have to guess how many of the 600’000 Swiss milk cows reach their 10th anniversary. It’s clearly less than 50% unfortunately. If you want to buy the calendar, please contact alfred.schaedeli@fibl.org. The price is 28 Swiss franks (plus shipping). 5 franks go to the Swiss Horncow Initiative, a political movement that collects signatures for a popular vote on direct payments for cows with horns (ca. 90% of Swiss cows are de-horned when approx 3 week old calves).
GanzKuhKalender2015_cmyk

Tanzania Tales (2): Masters of the Mobilephone

November 28, 2014

Telephone MastressNeu ist das ja nicht, aber doch immer wieder spannend zu sehen: Das Mobiltelefon hat in Afrika einen längst noch nicht abgeschlossenen, aber schon sehr imposanten Siegeszug hinter sich. In Nordtansania ist das Netz auch im hintersten Krachen am Fusse des Kilimandjaro besser als vielerorts auf der Eisenbahnstrecke Bern-Zürich, und Totalausfälle wie man sie in der Schweiz immer wieder mal erlebt gibt es in Tansania schon gar nicht, was man von der Elektrizität nach wie vor keineswegs behaupten kann, Stromausfälle sind an der Tagesordnung.

Das Handy ist für die Menschen (wie hier für diese Mitarbeiterin von Quality Food Products in Arusha) nicht nur täglicher Begleiter, sondern auch ein Hilfsmittel für die Organisation des Alltags. Die vermutlich wichtigste Neuerung ist das Zahlungssystem M-Pesa, welches von einer kenyanischen Telecomfirma in Zusammenarbeit mit Vodafone bzw seiner afrikanischen Tochter Vodacom entwickelt worden ist. M steht für Mobile, Pesa für Bargeld (in Swahili). Das System ermöglicht Bargeldtransfers ohne dass man über ein Bankkonto verfügen müsste. Das ermöglicht zahlreichen BürgerInnen, die bis anhin vor allem wegen Finanzknappheit sowie fehlenden Bankfilialen oder Geldautomaten keinen Zugang zum Banksystem hatten, ihre Geschäfte bargeldlos abzuwickeln.

Als „Bank“ fungiert die Telefongesellschaft. Kioske (siehe Bild unten, das M-Pesa-Logo ist rechts erkennbar), Tankstellenshops und Supermarkets übernehmen die Rollen der Filialen. Dazu braucht es kein Smartphone oder App, denn damit sind die AfrikanerInnen eher noch dünn ausgestattet. SMS genügt. Will zum Beispiel ein Sohn in der fernen Stadt einen Betrag an seine Eltern überweisen muss er nach einmaliger Registrierung in einer der zahllosen Filialen mit einer Einzahlung daselbst dafür sorgen, dass genug Geld auf seinem Konto ist und kann dann via Telefon mit ein paar einfachen Eingaben Geld überweisen, abgesichert ist die Transaktion mit einer PIN. So bezahlt man in Afrika unterdessen auch Gasrechnungen, Schulgebühren und Flüge.

Aber natürlich auch Düngemittel, Kühe und Futter, M-Pesa ist ein ganz wichtiges Hilfsmittel für die Kleinbauern, die weder über Transportmittel noch liquide Mittel für längere Reisen verfügen. Mit Hilfe von M-Pesa erhalten sie eine Möglichkeit, am Wirtschaftssystem teilzunehmen. Das alles funktioniert natürlich nicht auf wohltätiger Ebene, die Betreiber finanzieren sich über ein Abschöpfung von rund 1 Prozent der Summe auf den Transaktionen.

Daneben gibt es weitere spannende Beispiele für die Segnungen der Mobiltelefonie in der Landwirtschaft. Dazu gehört die Information über Marktpreise. Oft variieren die Preise auch in Gebieten von bescheidener Grösse stark. Ein SMS mit den Tagesnotierungen auf 50 Märkten kann da viel zusätzlichen Ertrag bewirken.

M-Pesa-Kiosk

Tanzania Tales (1): Massai Ferguson

November 20, 2014

Massai Ferguson

Vergangene Woche hatte ich das Glück, an einer von IFAJ und Agriterra organisierten Agrarreise durch Tansania teilnehmen zu dürfen. Es war toll, eine wunderbare Truppe, super Novemberwetter, nette Gastgeber und eine landtechnische Reise zurück in die Jugend. Der MF 135 (Allrad) war damals im Emmental das Standardprodukt und der erste Traktor auf dem ich Gas geben durfte, während der 165er den Flachlandgrossbauern vorbehalten war.

Heute sind sie längst von unseren Äckern verschwunden, in Tansania findet man die beiden Schlachtrosse aber unbeirrt im Einsatz, wie diese Bilder zeigen. Der untere ist zwar nicht mehr gut angeschrieben, aber es dürfte sich dabei um einen 135-er handeln, Spezialisten mögen mich korrigieren.

Zu den Massey Fergusons in Ostafrika gibt es eine lustige Geschichte: Die Massai sind nicht nur traditionsreiche und stolze Rinderzüchter, sondern offenbar auch grosse Anhänger der ebenso traditionsreichen Traktormarke deren Wurzeln bis ins Jahr 1847 zurückreichen. Deshalb heisst der in Tansania weit verbreitete Schlepper im Volksmund Massai Ferguson. Als mir jemand diese Anekdote erzählte dachte ich, wow, wenn jetzt ein Massai käme auf einem MF, das wär cool, 10 Minuten später wars soweit, ein Viertel des Traktors ging wegen nervösem Kamerahandling verloren, aber das wichtigste war ja der Massai auf dem Massey. Die Massai tragen übrigens passend zum motorisierten Untersatz aus Autopneus gefertigte Sandalen.

MF3Damit nun nicht der falsche Eindruck entsteht, es verkehrten in Tanzania nur die beschriebenen Modelle hier noch zwei Gegenbeispiele. Ein neuerer MF Typ 375 auf einem Kalenderblatt…

MF4…und ein ebensolcher im Strasseneinsatz. Insgesamt sind die Antiquitäten aber zahlenmässig immer noch deutlich im Vorsprung.

MF2