Heute werden sie wieder zu Tausenden auf die Juckerfarm in Seegräben strömen, die Erlebnishungrigen. Ich war letzten Sonntag kurz dort und etwas überrascht. Soviel Volk hätte ich dann doch nicht erwartet.
Klar, das selbsternannte „Kürbis-Imperium“ kannte man schon als Publikumsmagnet, aber jedesmal wenns einem hierhin verschlägt, ist die Infrastruktur, das Erlebnisangebot wieder ein bisschen gewachsen.
Aber woraus besteht denn dieses Erlebnis? Zunächst wandelt man als Anwanderer durch eine Apfelanlage, landet folgerichtig bei der mobilen Mosterei, ist dann sofort umringt von vielen Schaulustigen, die gleich nebenan den frischen Most trinkt oder abfüllt, bevor man sich am Grill eine Bratwurst, in der Bäckerei ein Stückli oder in einem der ausgewachsenen Restaurants ein komplettes Menu gönnt. Unterdessen gibt’s nämlich in einem neu anmutenden Gebäude eine zweite Beiz mit Panoramaterasse.
Mitten drin dann eine Kürbisflut, inszeniert in Skulpturen oder anderen Arrangements und natürlich Exemplare in jeder Grösse zum Verkauf. Die diversen Verkaufspunkte bieten aber nicht nur Gebäck, Most oder Kürbisse, sondern natürlich auch alle anderen Produkte von den vier Betrieben, oft in konservierter Form, seien es Würste, Konfitüre oder was sonst immer der konsumfreudige Erlebnisfreund oder seine Partnerin begehrt.
Ist das noch Landwirtschaft? Oder nur noch Kürbis-Disneyland? Ich bin für ersteres. Juckers sind clevere Unternehmer, die ihr Business systematisch und ohne viel Rücksicht auf die Gepflogenheiten der Branche ausgedehnt haben (man frage etwa die alteingesessenen Flaacher Spargelbauern…). Verboten ist das nicht, im Gegenteil, es ist von offizieller Seite, man lausche den Worten des Agrarministers, sogar sehr erwünscht. In Ueli Maurer, einem alten Freund des Hauses, haben die Juckers einen zweiten Freund im Bundesrat.
Dass beim Ausbau die Grenzen des Erlaubten ausgekitzelt werden, ist klar, dass es nicht allen gefällt ebenso. In den letzten Jahren war es das Verkehrsproblem in Seegräben, das eher noch mehr Schlagzeilen machte, als die Details der Kürbisausstellung. Ganz zum Unmut der benachbarten Dorfbevölkerung stauten sich die Autos immer ärger. Zuweilen war die Rede von einer Seilbahn zur Entlastung, wohl eher eine Bier- und PR-Idee, unterdessen behilft man sich mit einem improvisierten Parkplatz auf einer Wiese beim Bahnhof, von dort fahren prall gefüllte Shuttlebusse auf den Hof. Sicher besser als die Verkehrslawine auf den engen Gässchen im Weiler, aber das Problem ist latent und zeigt auch Grenzen auf.
Unter dem Strich aber ist mir der Erlebnisrummel auf dem Hof deutlich lieber, als die Einkaufsmeilen in der Agglo, wo sich ein Shoppingpalast an den anderen reiht. Letztlich suchen die Leute nämlich hier wie dort genau dasselbe: Konsum kombiniert mit Erlebnis, und bei Jucker ist letzteres ganz sicher authentischer, als in einem Franz-Carl-Weber-Schaufenster oder am Würstlistand von Ikea. Und ein solch emsiges Treiben auf einem Landwirtschaftsbetrieb, auch wenn es etwas übertrieben scheint, ist mir definitiv lieber, als die Tristesse, welche die für immer geschlossenen Höfe auf dem Weg an den Bahnhof ausstrahlen.