Archive for the ‘Stadt-Landwirtschaft’ Category

Füllhörner, die nicht mehr recht schütten können

März 29, 2016

Bananen für BlogNapoli für BlogGrad zweimal (mittel-)kurz im Süden gewesen, einmal in Teneriffa (alle Bilder links) und einmal in Napoli (alle Bilder rechts). Die zwei Regionen verbindet einiges: vom Klima gesegnet, vom Tourismus beglückt (bzw. gezeichnet), von Vulkanen überragt und deshalb relativ wenn auch abnehmend gut mit Süsswasser sowie fruchtbaren Böden versorgt.

Als Tourist kann man es sich beiderorts gut gehen lassen, vor allem, wenn man wie unsereinem gern isst, denn die beiden Gegenden sind wahre Füllhörner: ein unglaublicher Reichtum an Früchten und Gemüsen, Milchprodukte vom Feinsten, Charcuteriespezialitäten, diverse Öle und zahlreiche Weine zum Schwelgen. Frost ist ein Fremdwort und die Vegetationsperiode quasi endlos.

Trotzdem herrscht trotz unzähligen Sonnenstunden nicht eitel Sonnenschein. Teneriffa hat Jugendarbeitslosigkeitsraten von 50 Prozent und damit noch dramatischere Zustände als das Mutterland Spanien. Die Insel ist hochgradig abhängig von Subventionen aus Brüssel und Madrid, zudem müssen über 90 Prozent der Lebensmittel eingeführt werden. Selbst versorgen können sich die Bewohner der zweitgrössten Kanareninsel praktisch nur mit Bananen (das wichtigste Exportprodukt) und Tomaten, diese Produktion kann sich aber nur dank EU-Stützung über Wasser halten, pro Kilo Bananen macht sie 40 Cent aus, rund ein Drittel des Produzentenpreises.

Auch Napoli macht aus seinem Garten Eden wenig, die Infrastruktur ist in weiten Teilen marode und erinnerte mich in vielem an das Rumänien der schlechtesten Zeiten kurz nach dem Sturze Ceausescus. Anders als dort, wo die Wirtschaft (auch dank EU-Mitteln) unterdessen boomt und mit korrupten Strukturen aufgeräumt wird, scheint im italienischen Mezzogiorno keine grosse Entwicklung im Gang zu sein.

Biokäse für BlogNapoli2 für BlogDas sind natürlich nur recht oberflächliche Urteile, aber ein Fazit darf man sicher ziehen: Gute Voraussetzungen für Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion sind heute leider längst nicht mehr genug für Prosperität, auch wenn immer mehr Menschen immer mehr Kalorien konsumieren wollen. Das ist ja nicht grad eine neue Erkenntnis, aber sie ist deprimierend genug, um sie neben all den kulinarischen Leckereien immer wieder mal auf den Tisch zu bringen.

Die Ursachen dafür sind mannigfaltig. Zunächst die lokalen: Landflucht, weil Landarbeit schlecht bezahlt ist; der Klimawandel, welcher gerade den südeuropäischen Gebieten stark zusetzen wird; und schliesslich vor allem in Napoli und Umgebung auch mafiöse Strukturen, die der Landwirtschaft ihrerseits schaden. Dazu kommen aber auch globale Entwicklungen wie die zunehmende Industrialisierung der Lebensmittel- und Landwirtschaftsindustrie, die den Produzenten vor allem das Risiko überlässt und die Gewinne in die Metropolen abzieht.

Kein schöner Cocktail. Was tun? Die Rolle der KonsumentInnen kann nicht hoch genug gewichtet werden. Deine Landwirtschaft ist, was Du isst, könnte man angelehnt an ein beliebtes Sprichwort wohl sagen. Das gilt nicht nur im Alltag, sondern insbesondere auch in den Ferien, wo man mehr Zeit und Lust zum Einkaufen (und je nach Ausstattung des Domizils auch zum Kochen) hat. Und der Bummel auf (Bauern-)Märkten, der Einkauf direkt von Produzenten am Strassenrand sowie der Besuch auf Bauernhöfen beschert ganz nebenbei tolle Ferienerlebnisse. Klar, das ist alles nur ein Tropfen auf den heissen Stein, aber immerhin.

Beeren für BlogNapoli3 für Blog

Ohne Stadt sterben die Bauern

Februar 21, 2016

Cities feed farmers

Farmers feed citiesImmer wieder und neulich auch auf diesem Kanal ertönt der Ruf nach Landdienst für agrarrenitente JournalistInnen und andere meinungspolitisch aktive Gruppierungen. Heute will ich den Griffel einmal umdrehen. Als ich kürzlich mit einem guten Freund (selber gelernter Landwirt, aber nicht mehr praktizierend) zu Tisch sass und wir wie öfters über Landwirtschaftspolitik diskutierten, brachte er die Innovation Stadtdienst auf den Plan. Wir waren uns sofort einig, dass dies nicht nur eine Superidee ist, sondern für das Landvolk zum Beispiel in der Ausbildung zum Pflichtstoff gehören müsste. Wieso?

Wenn die Bauern längerfristig überleben wollen, müssen sie anfangen, sich für ihre Kundschaft zu interessieren. Und diese sitzt nun mal in den Zentren: Die Schweiz wird ja gerne verklärt als ländliches Idyll, aber unterdessen wohnen 75 Prozent der Bevölkerung in Städten und Agglomerationen, und dieser Trend wird sich noch verstärken.

Für viele Bäuerinnen und Bauern ist die Stadt Hort von allem, das man am liebsten von sich fernhält. Allenfalls gönnt man sich mal eine kulturelle Perle, aber den meisten liegt das Männerchortheater im Dorf oder die Landdisco am anderen Ende des Kantons näher als das urbane Zentrum. Manchmal muss man fast hin, zum Beispiel an eine Demonstration, aber dann fährt man mit dem Bus hin, steigt aus, schwenkt Treicheln, markiert den Unzufriedenen mit Drohpotenzial und kehrt so schnell wie möglich wieder heim auf den Hof.

Es steht ja fest, da ist man sich glaube ich langsam einig, dass es für die Schweizer Landwirte und Landwirtinnen keine Zukunft hat, namenlose Massenware zu produzieren. Der einzig gangbare Weg ist es, Spezialitäten zu produzieren, Nischen zu füllen und Spezialwünsche der heimischen und zum Glück mehrheitlich recht kaufkräftigen Konsumentinnen und Konsumenten zu befriedigen. Nur, wie soll man diese kennen, wenn man sich darum foutiert, wie diese Leute leben, wonach sie sich sehnen und was sie sich von „ihren“ Bauern wünschen?

Damit man das begreifen kann, würde es keinem schaden, einmal eine Woche am Stadtleben und am Durschnittsbürolisten-Arbeitsalltag in vollgestopften Zügen und klimatisierten Büros teilzuhaben, zu beobachten, wie sich die Leute bewegen und wie sie sich ernähren. Das könnte, ganz nebenbei manch einem Landwirten, manch einer Landfrau die Augen dafür öffnen, dass das bäuerliche Leben neben den bestens bekannten und viel beklagten Härten jede Menge Privilegien bereithält, von denen der Durchschnittsstädter nur träumen kann: Viel Platz, schöne und staatlich verbilligte Wohnlage, wenige und weit entfernte Nachbarn, Hoheit über den Arbeitsplan und dessen freie Gestaltung, Leben am Arbeitsplatz sowie ein staatlich garantierter Mindestlohn.

Der Stadtdienst könnte umgekehrt auch das Image der Konsumenten und Konsumentinnen verbessern helfen. Es ist nämlich nicht so wie es ein in bäuerlichen Kreisen beliebtes Klischee besagt, dass diese alle ins Ausland oder in den nächsten Discounter rennen, um sich dort mit Billigstware einzudecken. Der Lebensmittelmarkt umfasst in der Schweiz rund 50 Milliarden Franken, mindestens 30 dieser Milliarden werden für inländische Produkte ausgegeben, gut 15 für importierte Ware und nur gut 2 für Einkaufstourismus. Teil des Stadtdienstes müsste dann auch der Standdienst im Grossverteiler sein, wo die Bauern und Bäuerinnen als authentische Vertreter für ihre Produkte mit diesen hinstehen könnten, um noch mehr KonsumentInnen davon zu überzeugen, das heimische anstatt das importierte Poulet zu kaufen.

Auf dem Programm wäre auch ein Besuch in einer der zahlreichen Beizen, wo die Leute bereit sind, beachtliche Preise für Schweizer Qualität zu bezahlen, ein Entrecôte kostet im Zürcher Restaurant gut und gerne 40 bis 50 Franken, und manchmal ist da noch nicht einmal die Beilage dabei. Das ist kein Pappenstiel und zeigt, dass man Schweizer Qualität durchaus wertschätzt.

Lange bin ich in jungen Jahren mit dem damals beliebten Autokleber rumgefahren auf dem stand: „Ohne Bauern stirbt die Stadt“. Das schleckt keine Geiss weg, allerdings stirbt kein einziger Schweizer Städter, wenn es keine Schweizer Bauern mehr gibt. Der Umkehrschluss ist deshalb richtiger: „Ohne Stadt sterben die Bauern“. Denn wenn die Schweizer Bauern und Bäuerinnen in ihrem Metier überleben wollen, sind sie zwingend auf den Goodwill der Schweizer StädterInnen angewiesen. Und ein bisschen mehr Austausch und damit Verständnis für die Probleme und Bedürfnisse des jeweils anderen schaden dabei sicher nicht, im Gegenteil.

Wasserbüffel zum Sonntag

April 12, 2014

Wasserbüffel 2Heute wieder mal ein Kuhbild, einfach so, bzw. ein Büffelbild. Meine bewährte Bildkorrespondentin Monika Schlatter war zum Glück wieder einmal wandern, diesmal in Ftan. Ich danke Dir herzlich Monika!

Das hat mich dann inspiriert, noch schnell ins Archiv zu steigen, um nach meinen Wasserbüffelchen zu suchen, die mir vor nicht allzu langer Zeit an einer Landwirtschaftsausstellung unweit von Zürich vor die Linse gekommen sind, sie sehen aus wie Labradore, wenn auch nur bis die Hörner wachsen. ZürcherInnen, die auf dem Sonntagsspaziergang ein paar dieser urtümlichen Mütter (samt Kälbern und Muni) des weltbesten Mozzarellas besichtigen möchten, rate ich den Weg zum Riedenholzhof in Seebach unter die Füsse zu nehmen.
WasserbüffelchenPS. Wenn Sie übrigens täglich mit Kuhbildern versorgt werden möchten, empfehle ich Ihnen nicht ganz uneigennützig @dailycow auf Twitter.

Die Fasnacht als Konsumenten-Fiebermesser

März 11, 2014

Fleischindustrie„Die drei scheenschte Däg“ (für Nicht-Basler: die Fasnacht) sind noch in vollem Gang. Endlich hab ichs mal an den Morgeschtraich geschafft. Die brutal frühe Tagwache – punkt vier am Montagmorgen wird abmaschiert – hat sich gelohnt: Ein nur auf den ersten Blick chaotisches durcheinander paradieren von farbenfrohen Cliquen, die sich allenthalben auf Brücken, Boulevards und in engsten Gässchen kreuzen, ein Feuerwerk von Kreativität und viele fröhliche, wenn auch öfters ziemlich müde Menschen.

Fast jede dieser Cliquen führt eine sogenannte Laterne mit. Das ist ein bisschen untertrieben umschrieben, denn dabei handelt es sich oft um übermannsgrosse Leuchtkästen, deren Wände mit primär politischen und ätzend sarkastischen bis zynischen Messages aller Art dekoriert und beschriftet sind. Heuer dick im Kurs: Der Verbotsstaat, der den Baslern ziemlich auf die Nerven zu gehen scheint, der (amerikanische) Schnüffelstaat und die eigene Politikerkaste in den reichlich vorhandenen Fettnäpfen.

BienensterbenDiese in hunderten von freiwilligen Arbeitsstunden in den Cliquenkellern brikollierten Laternen sind nicht nur optisch spektakulär, sondern auch politisch interessant, man darf sie sicher so als eine politische Fiebermesser betrachten. Deshalb nahm’s mich natürlich wunder, ob auch die Landwirtschaft Fett abkriegt. Und wurde prompt fündig. Am meisten scheint die Fasnächtler das Bienensterben zu beschäftigen, es ist mir etwa drei mal begegnet. Hier das drastischste Bild, welches den Einsatz von Pestiziden thematisiert (Basel ist dafür sicher nicht der ungeeignetste Ort), auf der anderen Seite der Laterne prangte eine gekreuzigte Biene. Zwei weitere Laternen kritisierten den übermässigen Fleischkonsum (siehe Bild ganz oben).

Beeindruckt hat mich auch das kunstvolle Maskenschaffen. Aber bitte, liebe Nicht-BaslerInnen, nennen Sie eine Maske hier nie Maske, es sind in der strengen Fasnachts-Nomenklatur nämlich Larven! Hier waren die Nutztiere gut vertreten. Stellvertretend hier eine Kuh, daneben gab es nicht zu knapp Schaffe, Hühner und wenn ich mich richtig erinnere, mindestens ein Kamel.
Kuhmaske

Hörnerfranken: Öko-, Risiko- und Tourismusbonus

Dezember 8, 2013

Sibylle im MedienfokusAm Freitag ist in Bern an einer Bundeshaus-Hintertüre die Petition für den Hörnerfranken eingereicht worden. Schwer beladen mit 18’000 Unterschriften wanderte die prominente Kuh Sibylle (Ex-Wetten, dass…?-Siegerin) an der Spitze eines kleinen Trüppchens von Hornfreunden unter der Ägide von IG Hornkuh und unterstützt von KAGfreiland und Demeter vom Bärengraben zur Ochsenscheune, wie das Parlamentsgebäude in bäuerlichen Kreisen ab und an auch genannt wird.

Dass der Hörnerfranken dereinst Platz findet in der Direktzahlungsverordnung ist eher mässig wahrscheinlich. Höchste Zeit deshalb für ein kleines Plädoyer zugunsten dieses Batzens zugunsten der Viehhalter mit behornten Kühen (1 Fr. pro Kuh und Tag) und Geissen (20 Rappen).

Ich würde niemandem Hornvieh vorschreiben wollen, es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die zum Entscheid des Enthornens führen können: die Unfallgefahr ist vorhanden und es braucht im Stall nicht nur mehr Platz sondern auch ein etwas zeitaufwendigeres Management.

Wer sich aber auf freiwilliger Basis dafür entscheidet, seine Tiere im natürlichen Kopfschmuck-Zustand zu belassen, der sollte dafür entschädigt werden. Dies vor allem aus drei Gründen.

1. Ökologie. Die Enthornung ist ein ziemlich happiger Eingriff in die körperliche Integrität des Tiers. Wer das optisch und physiologisch dokumentiert haben möchte, dem und der empfehle ich den Konsum des Films „Das liebe Rindvieh“ von Bertram Verhaag. Darin zeigt eine Bäuerin anhand der Schädel von einer enthornten und einer behornten Kuh die Unterschiede auf. Die enthornte Kuh entwickelt einen regelrechten Höcker, den man an jeder kurz geschorenen Elitekuh zwischen den Hornansätzen gut beobachten kann. Dieser entwickelt sich gemäss der Bäuerin aufgrund des nötigen Volumens für die Zirkulation des Methans im Körper. Sind die Hörner vorhanden, bietet sich dieser Raum in den Hornzapfen, sind diese weg, braucht es eine Ausweichvolumen.

2. Risiko und Mehraufwand. Genau wie ein Bergbauer, der mit den Bergzonen-Beiträgen für die Erschwernisse und Gefahren von steilen Lagen sowie kurzen Vegetationszeiten entschädigt wird, haben die Hornviehhalter aufgrund ihrer Wahrung der Komplettheit des Tiers Anspruch auf eine Abgeltung für erhöhtes Risiko und zusätzlichen Arbeitsaufwand, zumal diese Leistungen mindestens bis heute auf dem Markt nur ungenügend und partiell durch bessere Preise abgegolten werden.

3. Tourismusförderung. Der Spaziergang mit Kuh durch die Berner Altstadt hat gezeigt, dass behorntes Vieh beim Publikum, zumindest beim urbanen, fast durchwegs auf begeisterte Zustimmung stösst. Besonders auffällig war die Faszination, die Sibylle bei ausländischen Zaungästen auslöste. Ich bin überzeugt, dass behornte Kühe auf den helvetischen Weiden eine Attraktion darstellen, die hornloses Vieh nicht im gleichen Ausmass auszulösen vermag, allein für dieses Engagement im Dienste des Fremdenverkehrs wäre der Hörnerfranken mehr als verdient.

Die Kosten für den Hörnerfranken wären überblickbar. Von den rund 670’000 Kühen im Land (inkl. Mutterkühen) tragen nurmehr rund 10 Prozent Hörner. 67’000 mal 365 gibt 24,455 Millionen Franken, ein paar Hunderttausend Franken kämen noch für die Geissen dazu. Das ist im Verhältnis zu den jährlichen Landwirtschaftskosten von rund 3 Milliarden und angesichts des breiten Nutzens für Tier, Image der Landwirtschaft und Tourimsusindustrie ein bescheidener und gut eingesetzter Betrag. Dass dieser stark wachsen würde, ist überdies kaum anzunehmen, denn der Zustupf wäre dann doch zu bescheiden für eine breite Wiederbehornungswelle.

Grüssen über den Hag – zum Beispiel in Suberg

November 5, 2013

Über den Hag grüssen in Suberg Es wird ja langsam definitiv ganzabendlich finster und deshalb Zeit für einen Filmtipp. Ich empfehle „Zum Beispiel Suberg“ von Simon Baumann, und zwar keineswegs nur weil er der Sohn von meinem geschätzten Bloggerkollegen Ruedi Baumann ist (dazu später mehr).

„Suberg“ ist ein weiterer Streifen, der das alte Klischee des Schweizer-Film-Erlebnisses vergessen macht, das im wesentlichen daraus bestand, dass man mit fünf anderen im ansonsten leeren Saal sass und am Schluss lange nach dem Abspann mutterseelenallein darin erwachte.

Plakat SubergSuberg ist ein Kaff in der Berner Kornkammer, „475 Meter über Meer, 612 Einwohner. Ein Schulhaus, ein Bahnhof, ein Schulhaus, eine Beiz und eine Düngerfabrik. Ein mittleres Dorf im Schweizer Mittelland“, wie Baumann einleitend cool zusammenfasst. Er habe das Dorf 31 Jahre lang erfolgreich ignoriert. Dabei wären die Voraussetzungen für eine bessere Integration nicht schlecht gewesen: Die Grosseltern wichtige Stützen des Dorflebens, er Musikant und vielfach ehrenamtlich aktiver Landwirt, sie als gschaffige Bäuerin. Auch die nächste Generation blieb an der Scholle tätig. Nur entwickelten sich Simons Eltern Ruedi und Stephanie schnell zu rotgrünen Tüchern für die Mehrheits-Suberger, als Powercouple mit Doppelmandat im Nationalrat sorgten sie auch auf lokaler Ebene für nachhaltige Animositäten, wie Simon am eigenen Leib erfährt.

Dieser hat nämlich unterdessen beschlossen, Suberg im Selbstversuch zu erkunden, auf der Suche nach dem verlorenen Dorfleben. Längst hausen die Bewohner entfremdet voneinander hinter wohlgetrimmten Hecken. Während ihm die einen die Hand schütteln, jagen ihn die anderen abrupt zum Teufel. Unbeirrt stellt sich Baumann samt Bänkli und Sonnenschirm an die Bahnschranke, den letzten verbliebenen Treffpunkt, und verteilt den im Auto auf den Zug Wartenden Nussgipfel. So richtig warm wird aber niemand mit dem freundlichen Angebot. Integration erfährt der Suchende erst im Männerchor, wo man ihn nach anfänglichem misstrauischem Beschnuppern schlussendlich freudvoll als bei weitem jüngstes Mitglied und Nachwuchshoffnung aufnimmt.

Simon Baumann im KornfeldBaumanns Selbsterfahrungs-Experiment ist gewagt, er stellt sich prominent in den Mittelpunkt des Films und das könnte auch nerven. Tut es aber nicht, kein bisschen. Ich habe mich bestens unterhalten und gleichzeitig immer wieder gedacht, dass man diesen Streifen in ca 2000 anderen Schweizer Gemeinden drehen könnte. Zersiedelung, Motorisierung (inkl. Lädelisterben), Rationalisierung, Vereinzelung – Suberg ist überall. Im Gespräch wirken die meisten der redebereiten Suberger etwas verloren, man zieht sich zurück in die eigenen vier Einfamilienhüsli-Wände, wüsste auch gar nicht mehr wohin, wenn man jemanden treffen wollte, die letzte Beiz ist längst ein gestopfter Laden für mehrbessere auswärtige Gourmets.

Was das alles mit Landwirtschaft zu tun hat, werden Sie sich fragen, liebe LeserInnen. Sehr viel. Die rapide Aggloisierung der Dörfer geht immer einher mit einem Bauernsterben. Für mich zeigt dieser Film wieder einmal archetypisch, wie wichtig eine lebendige bäuerliche Gemeinschaft für ein Dorf ist. Sie ist nicht nur Stütze des Gesellschaftsleben sondern auch Garantin, dass im Dorf konsumiert und gelebt und eben nicht nur geschlafen wird. Nicht, dass es in Suberg keine Bauern mehr gäbe, ein paar sind noch geblieben, darunter auch Simons Bruder Kilian (die Eltern sind längst nach Frankreich ausgewandert, was man hier schön illustriert täglich mitverfolgen kann). Aber irgendwie sind sie selber an den Rand gedrängt worden, kämpfen um ihre knappen Margen und letztlich das Überleben, was nur wenig Zeit fürs Leben lässt. Filmstart ist am 28. November, nicht verpassen.

The Pros and Cons of Backyardchickens

Mai 29, 2013

Backyardchicken in Gränichen, Aargau, SwitzerlandThe most frequent search term, that people get on my blog with, is „Hühnerhaus selber bauen“ (german for „Build your own Henhouse“). The popularity of the subject of backyardchickens seems enormous. And at the same time, the idea of keeping a few hens in your more or less limited suburban space, is politically so correct, that I’ve never ever heard anybody say anything bad about it.

That’s why, it got really alert, when I saw the  following Headline in the Facebook-Timeline of a colleague in the far Canadian west: „You Absolutely Should Not Get Backyard Chickens“, it read. The link led to a very interesting blog, called „Northwest Edible Life“ by Erica, who says about herself: „I grow, I cook, I save and I try to stay slowish in a very fast world.“ Sounds good.

But anyway, back to the backyardchickens. I’m not gonna retell the whole story, it’s a very worthy entertaining read. Just shortly, Erica says, don’t even thing of buying a „half-dozen cute peeping balls of fluff“ to grow them into chicken when you’re not ready to either keep them as long as they live, even when they stop laying eggs, or culling them yourself, when they no longer supply you with eggs.

Erica, who is a seasoned owner of chickens in the backyard herself, says this, because a friend of hers wants to buy some balls of fluff so badly. But she only thinks of the eggs, and not of the consequences that their production has. The productive phase of hens, even if they are kept like pets, is relatively short, 3 years, sometimes a little more. But they can live much longer. 20 year old hens are not unheard of.

The 5 to maybe 10 years, that you only feed the postproductive hen, cost you hundreds of dollars, as my blogging colleague calculates. Her friend isnt’r really ready to dispense so much. But on the other hand she wouldn’t be able to do any damage to her hen, not talking of killing her for a tasty chicken stew.

So the only alternative would be to give away the chicken to some kind of old hens home. Lack of responsability, says Erica. With a certain right, I think, either you go the full way with your chicken, or you absolutely shouldn’t get backyardchickens. Thanks for the interesting thoughts, Erika, always good to look at a worldwidely praised phenomenon from another angle. 

Thermofarming: Neues Business im Untergrund?

März 25, 2013

Thermofarming St. GallenDieses Wochenende hat es mich nach St. Gallen verschlagen. Der dortige Brückenweg  ist eine hochinteressante, streckenweise spektakuläre Zeitreise und ein Muss für jeden Brückeningenieur. Aber auch landwirtschaftlich hat das Türli einiges zu bieten. Zu Beginn findet man sich unvermittelt im Appenzeller Grünland wieder, wo statt weidender Kühe ein bellender Bläss für Aufsehen sorgt.
Deutlich weniger idyllisch ist es dann im Sittertobel, wo es neben dem Festivalgelände für das alljährliche Openair neuerdings auch eine Attraktion für Geologen gibt.
Die Stadt St. Gallen macht hier eine Geothermie-Bohrung bis in 4000 Meter Tiefe, wo man heisses Wasser vermutet, dass dereinst über 20000 Haushalte versrogen könnte. Derzeit steht man bei knapp 1000 Metern.
Etwas verschupft steht neben dem grossen Areal ein Bauernhöfli, das durch die danebenstehende Abwasserreinigungsanlage zusätzlich bedrängt ist. Nicht unbedingt ein schönes Bild, und doch denke ich mir, könnte das ja eines Tages eine neue Einkommensquelle für Landwirte sein. In einer Zeit, wo Einfamilienhausbesitzer im Vorgärtli eine Bohrung machen können, um die Stube zu heizen, sollte das doch auch für Bauern in geologisch geeigneten Gegenden möglich sein: Wenn nicht Warmwasser aus dem Boden pumpen, so doch wenigstens das kühle Nass mittels Wärmepumpe erhitzen und umliegende Haushalte mit diesem versorgen und eventuell noch ein Sprudelbad für die Gäste auf dem Hof . Mit Thermofarming wäre auch schon das passende Label gefunden.  
Das kleine Hirngespinst haben offenbar auch schon andere gehabt, selbigen Abends finde ich im „Schweizer Bauer“ einen Artikel über mögliche neue Energiequellen für Landwirte im Kanton Aargau. Auch die Geothermie kommt im Eldorado der Sprudelbäder kurz zur Sprache. Der Kanton hat soeben ein Geothermie-Gesetz verabschiedet. Das Eisen, oder besser das Wasser ist also heiss, wird allerdings noch viel Anlass zu Kontroversen bieten: Einerseits hat eine grossangelegte Geothermiebohrung in Basel vor einigen Jahren zu einem Erdbeben geführt und andererseit befürchtet man eine Vermengung mit allfälligen Probebohrungen für Fracking, die SP ist jedenfalls schon mal präventiv aufgeschreckt. 

Homepagereportage: Stadtgmües für Landei

Juni 10, 2012

Bald ist es schon wieder Montag, der Kühlschrank leer. Das erstere ist unverrückbar, sollte zweiteres bei Ihnen der Fall sein und es kommt noch der Wohnort Zürich dazu, dann habe ich etwas Schönes für Sie. Heute Abend entdeckt, dank einer frischgebackenen Facebook-Freundin (Danke Tanja!): „Stadtgmües„. Das ist eine Homepage auf der sämtliche Hofläden und andere Direktverkaufsstellen auf Stadtboden zusammengestellt sind, das sind immerhin deren 14. Das sind dann im Falle des Dunkelhölzlis (ja derart düstere Flurnämen gibts im Millionenzüri) so aus:
Hinter dem cleveren Projekt steht Georgiana Ursprung. Über sie steht folgendes auf der Homepage: „Begonnen hat alles mit ihrem Umzug an den Stadtrand. Bald waren die Hofläden der umliegenden Bauernhöfen entdeckt und den direkten Kontakt zu den Produzenten im Quartier wurde schätzen gelernt. Da es erstaunlich viele Direktverkaufsorte in Zürich gibt, aber bloss wenig Leute davon wissen, war die Idee schnell geboren, diese Orte auf einer Webseite bekannter zu machen.“ Das alles in Fronarbeit, häb Dank Georgiana!

Und wenn wir noch grad bei der Stadtlandwirtschaft sind. In Zürich gibts  noch 900 Hektaren Landwirtschaftliches Nutzland (pro Jahr werden 10 überbaut), bewirtschaftet von 27 Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie 10 Hobbylandwirten, darunter zum Beispiel der Riedenholzhof, welcher unter anderem Wasserbüffel hält und aus deren Milch Seife und Mozzarella herstellt bzw. herstellen lässt. Aus den Büffeln selbst gibt es zum Beispiel Salami und Landjäger. Die 10 stadteigenen Betriebe bewirtschaften zwei Drittel der Fläche. Neun davon sind verpachtet und nach Vorschrift der Stadt biologisch bewirtschaftet, was nun nicht heisst, dass dies die Pächter als Pflicht betrachten. Nur ein einziger, der Juchhof wirtschaftet konventionell, weil ums Haus mitten im Limmattal zuwenig Weiden für die Kühe zur Verfügung stehen, und überdies ist man sich nicht sicher, ob die von dort aus organisierte Bewirtschaftung der Friedhöfe Bio-kompatibel sei, sagte der Direktor von Grün Stadt Zürich kürzlich an einer Veranstaltung. (Bild unten Nicolas Y. Aebi/20Minuten online).

The lawn has to go for our little yardfarm

April 14, 2012

This would probably be a major sacrilege, if we were living in England: Last tuesday, a tiny bulldozer entered our building-coops yard and started removing the lawn, well, just some of it. And for a good purpose. Some young families on the hood have initiated a cityfarming project, and the administration liked it. In an untipically fast decision process – for swiss habits – the whole thing was started. After the lawn had been carried out on a lorry, the workers brought in some humus. Meanwhile compost containers were built up and after the earthmoving process had been finished, the young urban gardeners started making patches and filled the pathes with wood chips. I was following the whole process from my kitchen window and thinking, wow, what a great idea and was not really sure whether I should ask if they need a hand from a seasoned agronomist and allotment gardener (a failed one, though), but didn’t dare to. Well, at that moment, one of the crew came up to my window, knocked on it and asked if I wanted to take part and work one of the patches. Hey sure, I said, make my week. And here I am with a ca 7 square meter vegetable garden. Now there remains some work to be done. Will keep you posted on the progress…