Schade für die bäuerliche Presse, dass Leserbriefe keinen Cash in die Kasse spülen. Wäre dem so, dann hätten die grossen Blätter bis auf weiteres ausgesorgt. Absolut dominantes Thema ist hier derzeit die untaugliche Masseneinwanderungsinitiative der SVP, die am 9. Februar zur Abstimmung kommt. Nachdem der Schweizerische Bauernverband (SBV) die Nein-Parole herausgegeben hatte, hielten einige Kantonalverbände dagegen und als Resultat wird nun aus den Leserbriefspalten hüben wie drüben pausenlos geschossen wie aus Schützengräben.
Item, um diese unselige Geschichte soll es hier nur am Rande gehen. Neben dem SVP-Volksbegehren sind es derzeit zwei weitere Initiativen, die die Landwirtschaft so stark beschäftigen, dass man das Gefühl erhalten könnte, als ob die Zukunft des Bauernstands vom Abstimmungsausgang abhängen würde. Da ist einerseits die hier bereits mehrmals gebashte und ebenso unnötige aber im Vergleich zur erstgenannten äusserst harmlose Ernährungssicherheitsinitiative des SBV; ein politisches Beschäftigungsprogramm für die Mitgliederorganisationen, die offenbar über Kapazitäten verfügen, da im Winter heute weniger geholzt wird, als früher.
Neu lanciert ist andererseits seit einigen Tagen eine weiteres Volksbegehren, diesmal aus der Küche der Grünen, die sich mit einer Lebensmittelinitiative hervortun wollen (oben im Bild das Co-Präsidium mit Adèle Thorens und Regula Rytz). Diese hat hehre Anliegen: In Schweizer Münder soll nur noch gelangen, was mindestens mit Schweizer Standards erzeugt wurde: Man will nicht weniger als „mit der Gabel die Welt verändern“, so die vollmundige Ansage aus dem ökologischen Lager. Da kann man als ökologisch einigermassen korrekt sein wollender Stimmbürger nicht gut dagegen sein. Trotzdem kann ich mich dafür nicht wirklich erwärmen, ich glaube nicht, dass die Grünen selber ernsthaft daran glauben, mit einer Volksabstimmung in der Mikroschweiz, die Produzenten in der Grosswelt zum Besseren zu erziehen. Wenn das jemand kann, dann höchstens die Gross-Einkaufstouristen wie Migros und Coop.
Vielmehr geht es, wie bei den beiden anderen und sowieso den meisten Initiativen darum, sich vor der eigenen Kulisse zu profilieren, da funktionieren die Grünen leider genau gleich wie die SVP und die Parteipolitiker im Vorstand des SBV. Abgrenzung gegen das Böse ennet der Grenze scheint auch im linken Lager als tragfähiges Rezept für Wahlkämpfe zu gelten. Klar ist alles schön geschmückt mit politischen Pralinés wie faire Arbeitsbedingungen, Tierwohl und ökologischem Anbau, aber die Mittel, diese Ziele zu erreichen beschränken sich dann, auch genau gleich wie beim SBV und bei der SVP, auf ganz profanen Protektionismus, Rückkehr zu höheren Zöllen und verschärften Grenzkontrollen. Und das alles garniert mit mehr bürokratischem Aufwand, also alles ganz old school und keine Spur progressiv, was die Grünen ja so gerne wären.
Das Grundproblem besteht darin, dass weder die Attraktivität der Schweiz für Einwanderer, noch der Kulturlandverlust, noch der Strukturwandel in der Landwirtschaft, noch der Nachhaltigkeitsgrad der weltweiten Lebensmittelproduktion durch ein paar abgeänderte bzw. neue Verfassungsartikel in der Schweiz wirksam beeinflusst werden können. Wer dies dem Stimmvolk vorspielt, ist unredlich, leider ist das aber von ganz rechts bis ganz links gängigste Praxis. (Bild Südostschweiz/Keystone)