Posts Tagged ‘Alp’

Das Alplamm und die gerufenen Geister

Oktober 23, 2012

Man gönnt sich ja sonst nichts, also gabs gestern Lamm. Nicht irgendeines, sondern Alplamm aus dem heimischen Berggebiet. Die Koteletts, die sonst beim Grossverteiler eigentlich immer aus Ozeanien stammen, waren schön saftig und zart. Mit dem 2010 lancierten Projekt von Schafzuchtverband, Bauernverband und Migros soll der in früheren Jahren stockende Absatz für Schweizer Lamm verbessert werden. Offenbar erfolgreich, wie eine Medienmitteilung der drei Partner vom September jubiliert. Eine gefreute Sache also.
Beim Einkauf habe ich allerdings ein bisschen gestaunt: Alplamm ist in Aktion, läuft es trotzdem nicht so toll wie man kürzlich meldete? Oder ist es reine Naivität zu meinen, Verkaufsförderung via Aktion habe etwas mit Angebotsüberhang zu tun? Dieser Eindruck wird verstärkt beim Preisvergleich mit dem neuseeländischen Lammrack, also faktisch demselben Produkt, einfach dass das Teil noch nicht in Koteletts zerlegt ist. Das Schweizer Lamm, eine Spezialität in kleiner Auflage aus dem Berggebiet kostet Fr. 42.- pro Kilo, dasjenige aus Neuseeland Fr. 54.50, eine Preisdifferenz von über einem Viertel. Ich befürchte, dass dies mit Kostenwahrheit beim Transport weniger zu tun hat, als mit dem Fakt, dass die einheimischen Konsumenten das neuseeländische Schaf als einheimischer betrachten, denn das einheimische. Das müssen die Grossverteiler, die diese ozeanischen Geister gerufen haben, zum Teil auch auf die eigene Kappe nehmen. (Bild oben Alplamm)

Alpreportage(2&Saisonende): Res auf Chieneren

September 23, 2012

Zufälligerweise waren wir dieses Wochenende in Nidwalden. Einen idealeren Ort könnte man nicht auswählen, um das Ende der Alpsaison zu begehen. Dieser Minikanton besteht zu gefühlten 90 Prozent aus (Alp-)Weiden. Selbst im Hauptort Stans bimmelt hinter dem Turm der gross dimensionierten katholischen Kirche am Rathausplatz am Hang das Vieh mit seinen Glocken. Nach einem Kulturstück Käse der feinen Sorte (mehr dazu später in diesem Blog) fuhren wir dann am Sonntag aus der Nebelsuppe aufs Stanserhorn. Die neue Cabriobahn ist ein Reisli wert und der grosse Stolz der Stanser. Ziemlich spektakulär das Teil. Oben dann eine Art Minijungfraujoch mit bessererer Rundsicht. Stilecht finden ein paar Jodlerständli statt und das Restaurant ist wild auf Wild. Steile Treppen runter wandern wir Wirzweli zu. Durch sattgrüne Matten und einige Kuhherden bahnen wir uns den Weg. Der Hunger führt uns dann zum Glück auf Alp Chieneren (von Chie=Kühen auf Nidwaldnerisch). Inhaber und Käser Res Gut fabriziert hier aus der Milch von 160 Chie von acht Alpen im Sommer 30 Tonnen Käse. Und nicht irgendwelcher. Der Alpsbrinz ist dreijährig und von einer Qualiät, die man im Käseregal meistens vergebens sucht. Coop führt die harte Perle in seinem Slow-Food-Sortiment, siehe diesen zurecht schwärmerischen Artikel in der hauseigenen Zeitung. Wie gut gereift er ist, sieht man, wenn Res ein Stück abschneidet. Das braucht den vollen Körpereinsatz.
Vor drei Jahren hat Res beschlossen, die Käserei, die vorher von einem Angestellten geführt wurde, in eigene Hände zu nehmen. Die Qualität ist 1A, seis in festem oder geschmolzenen Zustand, wie uns der Bratchäs auf Brot im Gaumen bewies. Die 27 Kühe, die er im eigenen Stall versorgt, werden nun von einem Angestellten gemolken, die Milch der übrigen Alpen kommt per Kannen in die Käserei (Milchpreis 70 Rappen).
Die in der Käserei anfallende Molke fressen 130 Alpschweine, die sich teilweise gemütlich im Auslauf sonnen, an diesem schönen Sonntag. Für die Verwertung der Brosamen, die unter die Tischen des von einer sympathischen Angestellten (nach deren Name ich leider nicht gefragt habe) mit betreuten Alpbeizlis fallen, sind die frei zirkulierenden Hühner zuständig.
Der Alp-Sbrinz geht zu einem guten Teil an einen Händler, der wiederum Coop versorgt. Der Rest der Produktion geht in den Direktverkauf, zum Einheitspreis von 17 Franken, das geht einfacher zum Wägen. Die Bauern der Umgebung sind offensichtlich Stammkunden, zwei von ihnen decken sich während unserem Besuch gleich sackweise ein. Das ist immer ein gutes Zeichen.

(more…)

Vor der Auffahrt: Kleines Alpkit (mit Quiz)

Mai 11, 2012

Diese Woche war ich am Inforama Hondrich an einem Alpsennenkurs. Nein, leider nicht als Teilnehmer, nur als Besucher in beruflicher Mission. Aber wieder einmal habe ich es mir vorgenommen, eines Tages selber zu gehen. Das Käsen wäre jedenfalls noch zu lernen. Am morgen gabs Theorie und am Nachmittag zogen wir schon die ersten Laibe aus dem Kessi, eine schöne Erfahrung. Wenn diese Kurse über die Bühne gehen, ist das ein sicheres Zeichen, dass der Alpsommer nicht mehr fern ist. In den nächsten Wochen werden Mensch und Vieh zu Hunderten und Tausenden in die Berge ziehen, um dort während einiger Monate zu leben, zu zaunen, zu weiden, zu melken, viel zu schaffen, aber ab und zu vielleicht gemütlich in die Sonne zu blinzeln. Dazu noch ein paar Tipps, natürlich rein subjektiv: Die besten Alphomepage ist Zalp, ein reichhaltiger Fundus von Stellenzeigen und -angeboten über Erlebnisberichte und Sicherheits-Ratgeber(-adressen) bis zu heissen Suppen (der besonderen Art). Herzlichen Dank übrigens auch für die Verlinkung. steht doch dort auf der Startseite: „Wenns auf der zalp nicht viel zu lesen gibt: Adi’s Agro-Blog“. Das freut mich sehr und beschert mir Verkehr. Die akribischste Alphomepage ist Alporama. Dort gibt es eine nicht enden wollende Liste der Schweizer Alpen samt Bildern, die aufzeigt, wie reich dieses Patrimoine (leider gibts auf Deutsch kein gutes Wort dafür), eigentlich ist. Dazu sollten wir Sorge tragen. Alporama gibt es übrigens auch in Buchform. Ernst Roth ein nicht sehr weit entfernter Verwandter von mir aus einer Emmentaler Käsedynastie hat unter dem Label „z’Bärg“ ein nicht weniger als 6-bändiges Inventar über die Berner Alpen erstellt, sehr lesenswert und ein idealer Wanderbegleiter. Das gilt auch für seinen Alpbeizli-Führer. Und wenn wir schon bei den Büchern sind. Es gibt zwei weitere lesens- und ansehenswerte Exemplare aus jüngerer Produktion. Da wäre einmal „Alp  himmelhoch – erdenschön“ von Martin Bienerth, dem Hornmilch-Käser aus Andeer. Das andere heisst „Alpsommer“ und stammt von der langjährigen Älplerin Susanne Reusser. Ersteres gewinnt Heidi für ihr kürzlich an dieser Stelle zerlegtes Suppenhuhn, dafür noch einmal herzlichen Dank! Das zweite Buch geht an diejenige Person, die mir als erstes schreibt, in welcher Gemeinde sich die Alp Bruch-Unteregg befindet. Viel Glück! Auch allen ÄlplerInnen übrigens!