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Cheese-Awards: Vielfalt und Preis-Inflation

September 29, 2012

Am Freitag habe ich mich auf den Weg nach Bellinzona gemacht, nichts weniger als die Oscar-Night des Schweizer Käseschaffens war angesagt: Die Swiss Cheese Awards, ein Anlass der alle zwei Jahre stattfindet und dies bereits zum achten Mal. Leider hatte ich nur wenig Zeit, aber die paar Stunden waren intensiv. Es war eine eindrückliche Leistungsschau des Schweizer Käseschaffens mit viel positiven Eindrücken und ein paar Abstrichen. Aber der Reihe nach.
Auf der Piazza del sole unterhalb von einem der drei Stadtschlösser in der Tessiner Metropole herrschte am späteren Nachmittag reges Markttreiben. Die Vielfalt ist eindrücklich, Stand reiht sich an Stand, stellvertretend oben Seniorchef Hans Aschwanden von der gleichnamigen Bergkäserei in Seelisberg UR mit seiner Partnerin Vreni und unten (leider unscharf und mit unsichtbarem Angebot, wann kaufe ich endlich eine rechte Kamera?) meine alte Freundin und Ex-Chefin Claude Liengme und ihr Partner Hans-Peter Furrer, ein Gruyère-Crack aus Les Reussilles BE.
Mitten drin eine Bühne auf der eigentlich Landwirtschaftsminister Schneider-Ammann hätte referieren sollen, er schaffte es aber wegen einer Beerdigung nichts ins Tessin, weshalb der heimliche Landwirtschaftsminister Lehmann das Referat des Chefs verlas. Erster Abstrich: An einem Publikumsanlass sollte es nicht tönen, wie an der Versammlung eines Käservereins. Das ganze war zu technisch und die nicht fachkundige Besucherschar hätte man mit einem emotionalen Referat über den kulturellen Wert des Schweizer Käses wohl besser bedient. Aber die Musik war schön.
Später traf sich die versammelte Branche in einem eher trostlosen aber hübsch dekorierten Betonklotz zur Award-Night. Eine Jury aus mehreren Gruppen hatte am Tag zuvor nicht weniger als 714 Käse verkostet, ein schöner Beweis für den kulinarischen Reichtum im Käsebereich. Die Spannweite reichte in 27 Kategorien vom Emmentaler AOC via „übrige Alpkäse“ (vielleicht nicht grad der geglückteste Kategoriename, man stelle sich einen Oscar für „übrige Schauspieler“ vor), Blauschimmelkäse  bis zu den nicht mehr kategorisierbaren Innovationen. Es gab also nicht weniger als 27 Sieger auszuzeichnen. Das ist viel, es wäre ungerecht zu sagen zuviel, denn ein Hartkäse kann schlicht nicht mit einem Frischkäse verglichen werden. An einer Getränkedegustation vergleicht man schliesslich auch nicht Bordeaux mit saurem Most. Aber eben, 27 Gewinner gebührend zu würdigen, das braucht Können. Das ist aus meiner Sicht nicht ganz geglückt. Am Schluss war das Publikum derart ermüdet und hungrig, dass es kaum mehr einen rechten Applaus zu Stande brachte. Dem Vernehmen nach ist das jedesmal dasselbe, vielleicht könnte mans ja ein bisschen besser verteilen und dazwischen mal ein bisschen Käse servieren, zum Beispiel ein Teller mit ein paar Gewinnern drauf. Aber alles in allem: Chapeau Käsebranche.