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Der fette Januar (2): Ein hoch auf den Schmutz

Februar 4, 2017

fette-sau-1Dieser Januar ist einfach zu schnell vorbeigegangen. Drum ist das jetzt quasi der fette Spätjanuar. Heute gibt’s es das titelgebende Werk zu gewinnen, namen „A fette Sau – Mangalitza, Zucht und Geschichte, Fleisch und Gerichte“ von meinem Agrarjournalistenkollegen Jürgen Schmücking.

Für Jürgen ist Agrarjournalist eigentlich eine Untertreibung, klar, das ist er auch, aber daneben ist er auch ein Top-Fotograf und vor allem ein krasser Ernährungstyp, und das meine ich jetzt nur positiv. Er ist ein Spürhund, immer am Schnüffeln nach dem besten Geschmack, wenn Du ihm auf Facebook und Instagram folgst, darfst Du das NIE hungrig oder durstig tun, sonst grenzt es an Folter. Auch daneben ein Supertyp, lustiger österreichischer Humor, unbestechliches Urteil zwar, aber kein gestopfter Kritiker, sondern ein gmögiger Kasten, Typ progressiver Seebär.

Anyway, was ich eigentlich sagen wollte: Wenn Jürgen ein Buch rausgibt, dann kann es nichts Schlechtes sein, das wusste man schon vorher. Und es ist super geworden. Aber auch für „A fette Sau“ gilt, was ich vorhin gesagt habe, zumindest wenn man nicht vegi ist oder etwas gegen Schmutz (für nicht-Schweizer: Schweinefett hat). Ich habe zwar grad üppig gefrühstückt, aber Jürgens 200-Seiter hat mir trotzdem schon wieder Hunger gemacht.

fette-sau-2Das Buch ist eine Mischung: Im Mittelpunkt stehen das Tier, das Mangalitza-Schwein. Es ist ein Porträt dieser „Rasse mit Klasse“, die allerdings schwer in Rücklage geraten ist, seit der Durchschnittskonsument das Fett meidet, wie der Teufel das Weihwasser (Zitat Schmücking). Es ist aber auch ein Porträt des Ehepaars Wiesner, das sind Christoph und Isabell, Mangalitzazüchter irgendwo im tiefen Österreich. Die fette Sau ist zudem agronomisch und metzgerhandwerklich ergiebig, man erfährt viel über die Fütterung (zB. mit gekochten Kartoffeln) aber auch über die Schlachtung. Hier ein kleines Beispiel:

Schnell gemästete Schweine stehen immer durchgetreten, also flach und mit weichen Gelenken da. Da kann sich jeder vorstellen, dass das Tier ständig Schmerzen hat und das Produkt am Ende nicht gut sein kann, weder im Geschmack, noch in der Information, die das Fleisch weitergeben wird. Das heisst also, man sollte den Tieren am Anfang Zeit geben, sie langsam wachsen lassen, dafür sorgen, dass die Schweine frische Luft haben. Wir wollen ja auch die Lunge essen.

 Im weiteren ist es natürlich auch ein Rezeptbuch mit tollen Bildern (wie sowieso alle Fotos sehr  ansehnlich sind), aber auch ein Plädoyer für artgerechte Nutztierhaltung, für eine nähere Beziehung zwischen Bauer und Konsument sowie für den Nose-to-Tail-Ansatz. Eine interessante Passage beschreibt unter anderem, wieso es Sinn macht, möglichst grosse Stücke vom Schwein zu kaufen:

Es ist ganz einfach: Je grösser die Fleischstücke sind, desto mehr kann man darin lesen. Je näher man dem Produzenten ist, desto eher kann man auch überprüfen, ob das was er gesagt hat, auch stimmt. Bei einzelnen Koteletts ist überhaupt nicht mehr feststellbar, was damit alles passiert ist. Bei einer halben Sau ist die Sache deutlich einfacher. Man sieht die Drüsen, das Bindegewebe ist genau so sichtbar wie die Knochen. Der Schlachtkörper erzählt die komplette Geschichte des Tieres.

fette-sau-3Und so weiter. Kann ich voll empfehlen. Hier der Link zum Buch, gehen Sie doch, wenn Sie Euch auch hungrig macht, die fette Sau, zum lokalen Buchhändler und bestellen Sies, passt irgendwie besser zum Inhalt, als Einklickbestellung beim Internet-Multi… Oder machen Sie an meinem Wettbewerb mit, weil im Moment scheint das Buch (verständlicherweise) ausverkauft zu sein. Aber weil man wirklich Schmutz gerne haben muss, um es zu geniessen, ist es keine gschwind Wikipedia-Wettbewerbsfrage sondern quasi der Slow Food unter den Quizanforderungen: Wer mir in den nächsten zwei Wochen das beste Rezept in dem Schweinsschmutz oder feisses Schweinefleisch eine Rolle spielen zuschickt (adimali@gmx.ch), am besten selber gekockt, am liebsten mit Bild, kriegt die fette Sau zugestellt. Die Jury ist sehr subjektiv und aus einer schmutzliebenden Person bestehend. (Bilder aus dem besprochenen Buch)