Posts Tagged ‘Fenaco’

KulturLandiVerlust: Wie die Bauern-Firma sündigt

Juli 8, 2014

Landi Neubau Rüderswil„Zu den obersten Geboten der Fenaco gehört der haushälterische Umgang mit landwirtschaftlich nutzbarem Boden“, sagt Fenaco-Präsident Lienhard Marschall laut einem Artikel unter dem Titel „Mit Augenmass bauen“, der im Herbst 2012 auf der Fenaco-Homepage veröffentlicht wurde.

Entweder gilt das Wort des Präsidenten nichts oder schon nicht mehr, oder dann ist das eine Selbstberuhigungspille in einer Zeit in der sich die Besitzer der Fenaco-Landi Gruppe, die Bauern, gerne hervortun mit besorgten Wortschwällen zum Kulturlandschutz. Die Lobag, der konservative bernische Bauernverband hat sich gar – in der Not frisst der Teufel Fliegen – mit den Grünen zusammengetan, um eine Kulturlandinitiative zu lancieren.

Landi RüderswilLandi Neubau WaldeggWenn man nämlich einfach mal Landi und Neubau in die Suchmaschine eingibt, kommt einem ein ebenso umfangreicher Schwall von Bildern mit üblen einstöckigen kulturlandfressenden Landi-Bauprojekten entgegen, dazu gehören immer eine Tankstelle und ein ausgedehnter Laden, alles natürlich einstöckig und architektonisch bestens geeignet, um die Landschaft zu verschandeln. Dazu ein paar zufällig ausgewählte Beispiele: Landi Rüederswil BE (siehe den Auftakt oben, hier links ein Bild von den Bauarbeiten und rechts das geplante Endaussehen).

Neubau Landi ReidenNächstes Beispiel ist die Landi Reiden LU. Hier der Humusabtrag…

Landi Reiden Neubau…und der prächtige Endausbau als Computeranimation.

Landi Neubau MühlethurnenEine weitere Augenweide im ehemaligen Landwirtschaftsland ist die Erweiterung der Landi Mühlethurnen mit Getreidesilos.

Landi Neubau KlingnauUnd hier zum Abrunden noch der Neubau in Klingnau…

Landi Neubau Eglisau

…und der Neubau in Eglisau. Erweiterung der Galerie ist jederzeit in beliebigem Umfang möglich. Insgesamt ein deprimierendes Bild, das zeigt, dass die Schere zwischen der auf der Homepage postulierten Aufmerksamkeit bezüglich Kulturlandverlust und der Realität erschreckend weit offen ist. Das nützt auch der schöne Nachhaltigkeitsbericht wenig, den die Fenaco hat erstellen lassen. Die Bauern täten gut daran, ihrem Unternehmen etwas besser auf die Finger zu schauen, wobei viele unter ihnen ja als Grossbaulandverkäufer selber viel zur Zersiedelung und zu architektonischen Einöde im Land beigetragen haben. (Alle Bilder und Illustrationen: Landi)

Pink Lady® und der Club der Rockobststars

April 30, 2013

Pink LadyDiese Woche hat mich ein Bekannter auf ein Phänomen aufmerksam gemacht, das ich bisher nur vom Hörensagen kannte: Die Clubsorten. Das sind die Rotarier unter den Äpfeln, die Rockstars unter den Früchtchen. Ihr Name ist ein Brand, geschützt mit einem dieser ®, die sonst  Medikamenten und Soft Drinks vorbehalten sind. Die Marke wird international an ausgewählte Lizenznehmer vergeben, welche wiederum das Recht zu Anbau und Vermarktung der Sorte an ebenso handverlesene Produzenten und Detailhändler vergebem.

Bekanntestes Beispiel ist in der Schweiz Pink Lady, die 1973 vom Australier John Cripps als WPink Cripps“ vollzogene Kreuzung zwischen Golden Delicious und Lady Williams, die unterdessen weltweit geschützt ist und vermarktet wird (vorsicht beim Öffnen dieser Homepage, wenn Sie nicht auf Pink stehen). Lizenzinhaber für die Schweiz ist der Frucht-Logistiker Füglister. Dieser hat hierzulande ein gutes Dutzend Produzenten unter Vertrag, welche auf insgesamt gut 50 Hektaren ihr exklusives Früchtchen anbauen. Auch die Detaihandelsschar ist handverlesen: Migros, Globus, Coop und Volg. 

Pink Lady VermarktungDas Interessante an der Clublizenz ist für Füglister nicht zuletzt, dass die gut eingeführte Marke nicht nur aus Schweizer Produktion bedient werden kann, wie rechtsstehende Grafik von der Pink-Lady-Website (klicken zum Vergrössern) zeigt. Als Teil des Lizenznehmernetzwerks erhält die Firma exklusiv Pink Lady aus den übrigen Produktionsländern, darunter Australien, Neuseeland, Südafrika und Chile, welche gegenüber Europa eine um ein halbes Jahr verschobene Erntezeit haben und damit die Sommermonate in der Schweiz überbrücken können, ohne dass dem Konsumenten gross auffiele, dass sein gewohnter Apfel jetzt halt plötzlich nicht mehr aus dem Aargau sondern aus Australien stammt.

Sortenclubs gibt es übrigens nicht nur für Äpfel, sondern beispielsweise auch für Kartoffeln, wo Migros einen solchen für Amandine unterhält. Was ist davon zu halten? Interessant finde ich, dass gerade unsere Grossverteiler, die gerne vollmundig den freien Markt predigen in derart protektionistischen Gebilden wie Sortenclubs investieren. Sie haben viele Vorteile: Die Preise können dank gesteuerter Produktion auf allen Stufen relativ fix festgelegt werden und die Produzenten sind via einen zwischengeschalteten Logistiker straff an der Leine.

Für die Produzenten wiederum bringen Clubsorten eine Mischung aus Sicherheit und Abhängigkeit. Sie dürfen, wenn ich die Funktionsweise des Systems richtiv verstanden habe, im Prinzip keinen einzigen Apfel vom Pink-Lady-Baum ausserhalb der vorgeschriebenen Kanäle, also zum Beispiel im Direktverkauf oder im Most verkaufen. Gleichzeitig haben sie einen gesicherten Absatz zu relativ anständigen Preisen, solange die angebauten Mengen von den Verantwortlichen gut auf die Nachfrage abgestimmt werden, wobei hier witterungsabhängig immer grössere Schwankungen möglich sind. Äpfel werden nach wie vor im Freiland angebaut.

Der Vollständigkeit und Fairness halber muss erwähnt werden, dass nicht nur die Grossverteiler in derartige geschlossene Systeme investieren. Man denke nur an die Tierhaltung, wo etwa die Fenaco, das längst autonom agierende Unternehmen in de iure bäuerlicher Hand ähnlich agiert. Tochterfirma Ufa liefert exklusiv Futter auf Höfe, die ihre Tiere exklusiv via Tochterfirma Anicom vermarkten, um nur ein Beispiel zu nennen.

Die Teilnahme in solchen System ist freiwillig, unter dem Strich überwiegen für die Bauern die positiven Aspekte solcher – um es etwas derb auszudrücken – Teufelspakte, denn die Risiken, als Einzelmaske im unprotegierten Markt zu agieren, sind mindestens gleich gross, wie diejenigen in Clubsystemen. Nur die wenigsten wissen daraus Profit zu schlagen. Meist sind es Bauern mit einem idealen Mix aus gewieftem Unternehmertum und idealen Bedingungen für Absatzwege, die direkter zum Konsumenten führen und so ohne Clubmitgliedschaft höhere Margen ermöglichen, als unter Normalbedingungen.