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Die Country-Mall – ist das noch Landwirtschaft?

Oktober 8, 2017

Heute werden sie wieder zu Tausenden auf die Juckerfarm in Seegräben strömen, die Erlebnishungrigen. Ich war letzten Sonntag kurz dort und etwas überrascht. Soviel Volk hätte ich dann doch nicht erwartet.

Klar, das selbsternannte „Kürbis-Imperium“ kannte man schon als Publikumsmagnet, aber jedesmal wenns einem hierhin verschlägt, ist die Infrastruktur, das Erlebnisangebot wieder ein bisschen gewachsen.

Aber woraus besteht denn dieses Erlebnis? Zunächst wandelt man als Anwanderer durch eine Apfelanlage, landet folgerichtig bei der mobilen Mosterei, ist dann sofort umringt von vielen Schaulustigen, die gleich nebenan den frischen Most trinkt oder abfüllt, bevor man sich am Grill eine Bratwurst, in der Bäckerei ein Stückli oder in einem der ausgewachsenen Restaurants ein komplettes Menu gönnt. Unterdessen gibt’s nämlich in einem neu anmutenden Gebäude eine zweite Beiz mit Panoramaterasse.

Mitten drin dann eine Kürbisflut, inszeniert in Skulpturen oder anderen Arrangements und natürlich Exemplare in jeder Grösse zum Verkauf. Die diversen Verkaufspunkte bieten aber nicht nur Gebäck, Most oder Kürbisse, sondern natürlich auch alle anderen Produkte von den vier Betrieben, oft in konservierter Form, seien es Würste, Konfitüre oder was sonst immer der konsumfreudige Erlebnisfreund oder seine Partnerin begehrt.

Ist das noch Landwirtschaft? Oder nur noch Kürbis-Disneyland? Ich bin für ersteres. Juckers sind clevere Unternehmer, die ihr Business systematisch und ohne viel Rücksicht auf die Gepflogenheiten der Branche ausgedehnt haben (man frage etwa die alteingesessenen Flaacher Spargelbauern…). Verboten ist das nicht, im Gegenteil, es ist von offizieller Seite, man lausche den Worten des Agrarministers, sogar sehr erwünscht. In Ueli Maurer, einem alten Freund des Hauses, haben die Juckers einen zweiten Freund im Bundesrat.

Dass beim Ausbau die Grenzen des Erlaubten ausgekitzelt werden, ist klar, dass es nicht allen gefällt ebenso. In den letzten Jahren war es das Verkehrsproblem in Seegräben, das eher noch mehr Schlagzeilen machte, als die Details der Kürbisausstellung. Ganz zum Unmut der benachbarten Dorfbevölkerung stauten sich die Autos immer ärger. Zuweilen war die Rede von einer Seilbahn zur Entlastung, wohl eher eine Bier- und PR-Idee, unterdessen behilft man sich mit einem improvisierten Parkplatz auf einer Wiese beim Bahnhof, von dort fahren prall gefüllte Shuttlebusse auf den Hof. Sicher besser als die Verkehrslawine auf den engen Gässchen im Weiler, aber das Problem ist latent und zeigt auch Grenzen auf.

Unter dem Strich aber ist mir der Erlebnisrummel auf dem Hof deutlich lieber, als die Einkaufsmeilen in der Agglo, wo sich ein Shoppingpalast an den anderen reiht. Letztlich suchen die Leute nämlich hier wie dort genau dasselbe: Konsum kombiniert mit Erlebnis, und bei Jucker ist letzteres ganz sicher authentischer, als in einem Franz-Carl-Weber-Schaufenster oder am Würstlistand von Ikea. Und ein solch emsiges Treiben auf einem Landwirtschaftsbetrieb, auch wenn es etwas übertrieben scheint, ist mir definitiv lieber, als die Tristesse, welche die für immer geschlossenen Höfe auf dem Weg an den Bahnhof ausstrahlen.

Der Hofladen-Wettbewerb kommt an die Kasse

Juni 9, 2013

Hofladen Fuster AussenansichtRegelmässige BesucherInnen werden sich vielleicht noch erinnern mögen: Irgendwann im Februar habe ich mal einen Hofladen-Wettbewerb lanciert. Erst im Nachhinein dämmerte mir, dass dies möglicherweise nicht der ideale Zeitpunkt ist. Und da der Winter bis vor etwa einer Woche anhielt, blieb der Einsendeschluss von ca. Ende März unbenutzt.

Hofladen Fuster InnenansichtHofladen Fuster WürstePünktlich zum warmen Wetter ist jetzt ein zweiter Kandidat eingetroffen, dafür herzlichen Dank, Monika! Guter Moment, um den Wettbewerb neu zu lancieren. Er kommt jetzt langsam an die Kasse, ohne dass dies irgendwie negativ gemeint wäre. Die Teilnahmefrist wird jetzt massiv erstreckt, und zwar bis irgendwann im Spätsommer. Weitere Vorschläge sind herzlich willkommen, bevor die noch nicht gewählte Jury des ersten „Agroblog Hofladen of the year award“ zur Tat schreitet.

Hofladen Fuster PlakateGuter Moment auch, um meinen eigenen zweiten Teilnehmer im Wettbewerb zu lancieren. Irgendwann im Frühling, ja den gabs auch mal, war ich in Gyrenbad im Zürcher Oberland. Dort hats ganz ein schönes Exemplar von Familie Fuster. Oben die Aussenansicht, seitlich die Innenansicht und ein paar gefährlich gute Würstli vom Rauchfleischspezialisten, der aber eine weit darüber hinaus reichende und sehr professionell präsentierte Produktepalette anbietet. Interessant fand ich die zwei Plakätli an der Türe. Sie zeigen exemplarisch zwei der wohl grössten Herausforderungen für Hofladenbetreiber: Die Diebstähle und die Erreichbarkeit, im Gyrenbad dokumentiert anhand des Postautos, dessen Kurse stark reduziert werden sollen.

Hoflädeli Rotzenwil InnenansichtDer zweite Kandidat für heute und der insgesamt dritte (nachdem ja auch schon der Eisenbahnwagen von Familie Schmidt-Amstad in Bergün im Rennen ist), wäre derjenige aus Rotzenwil im sanktgallischen Muolen. Er gehört mir unbekannten Bauern, deren Name ich dann im Falle eines Preisgewinns schon noch rausfinden würde. Der angejahrte Bauwagen namens „Gschänk-Treffpunkt“ verströmt einen rustikalen Charme, der ihm im Rennen sicher hilft, vorne mitzumischeln. Besten Dank für diese erste Einsendung aus dem Publikum, wie gesagt, weitere Zusendungen auf adimali@gmx.ch wie gesagt sehr erwünscht! (Bilder unten Monika Schlatter)

Hoflädeli Rotzenwil

Selbst ist und plättelt die Bäuerin

März 12, 2013

Monika HauensteinFür einen Beitrag in einem Buch über das 175-Jahr-Jubiläum des Bauernverbands Aargau bin ich in letzter Zeit öfters in diesem (für mich) grossen Unbekannten von Kanton unterwegs. Auch heute wieder. Auf Umwegen hat es mich auf den Wochenmarkt in Wettingen verschlagen. Dort gab es – etwas verloren auf dem riesigen Platz vor dem Rathaus – zwar nur zwei Stände, aber vor allem der eine hatte es in sich.
Seit mehr als 20 Jahren bäckt Monika Hauenstein aus Tegerfelden Brot für Märit, zwei Läden und den eigenen stattlichen Haushalt. Dafür braucht sie „ein paar“ der 6 Hektaren Weizen, die auf ihrem Betrieb in Tegerfelden angebaut werden. Das Geschäft läuft. Im Moment baut sie eine neue Backstube à 6 Steinöfen. Sie sei grad am plätteln, sagt sie nebenbei, das hat sie sich beigebracht im hauseigenen Partyraum mit 300 Quadratmetern Plättlifläche. Man spare halt schon viel, sagt die Wittwe, wenn man alles selber mache.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt ihrer Aktivitäten, ich war recht beeindruckt von ihrer Power und der Selbstverständlichkeit, mit der sie darüber berichtete. Und das Brot, ich habe es schon beim Kaufen geahnt, da könnte sich manch ein Beck eine Scheibe davon abschneiden. Die Nachfolge ist gewährleistet, die Schwiegertochter schlägt Monika nach: Neben dem Haushalt führt die zweifache Mutter Lastwagen und alles andere, was es an Motorisiertem im hauseigenen Lohnunternehmen so gibt. Das Buch übrigens erscheint am 9. August. Mehr Details dort.

Homepagereportage: Stadtgmües für Landei

Juni 10, 2012

Bald ist es schon wieder Montag, der Kühlschrank leer. Das erstere ist unverrückbar, sollte zweiteres bei Ihnen der Fall sein und es kommt noch der Wohnort Zürich dazu, dann habe ich etwas Schönes für Sie. Heute Abend entdeckt, dank einer frischgebackenen Facebook-Freundin (Danke Tanja!): „Stadtgmües„. Das ist eine Homepage auf der sämtliche Hofläden und andere Direktverkaufsstellen auf Stadtboden zusammengestellt sind, das sind immerhin deren 14. Das sind dann im Falle des Dunkelhölzlis (ja derart düstere Flurnämen gibts im Millionenzüri) so aus:
Hinter dem cleveren Projekt steht Georgiana Ursprung. Über sie steht folgendes auf der Homepage: „Begonnen hat alles mit ihrem Umzug an den Stadtrand. Bald waren die Hofläden der umliegenden Bauernhöfen entdeckt und den direkten Kontakt zu den Produzenten im Quartier wurde schätzen gelernt. Da es erstaunlich viele Direktverkaufsorte in Zürich gibt, aber bloss wenig Leute davon wissen, war die Idee schnell geboren, diese Orte auf einer Webseite bekannter zu machen.“ Das alles in Fronarbeit, häb Dank Georgiana!

Und wenn wir noch grad bei der Stadtlandwirtschaft sind. In Zürich gibts  noch 900 Hektaren Landwirtschaftliches Nutzland (pro Jahr werden 10 überbaut), bewirtschaftet von 27 Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie 10 Hobbylandwirten, darunter zum Beispiel der Riedenholzhof, welcher unter anderem Wasserbüffel hält und aus deren Milch Seife und Mozzarella herstellt bzw. herstellen lässt. Aus den Büffeln selbst gibt es zum Beispiel Salami und Landjäger. Die 10 stadteigenen Betriebe bewirtschaften zwei Drittel der Fläche. Neun davon sind verpachtet und nach Vorschrift der Stadt biologisch bewirtschaftet, was nun nicht heisst, dass dies die Pächter als Pflicht betrachten. Nur ein einziger, der Juchhof wirtschaftet konventionell, weil ums Haus mitten im Limmattal zuwenig Weiden für die Kühe zur Verfügung stehen, und überdies ist man sich nicht sicher, ob die von dort aus organisierte Bewirtschaftung der Friedhöfe Bio-kompatibel sei, sagte der Direktor von Grün Stadt Zürich kürzlich an einer Veranstaltung. (Bild unten Nicolas Y. Aebi/20Minuten online).