Posts Tagged ‘Hornkäse’

Hörnerfranken: Öko-, Risiko- und Tourismusbonus

Dezember 8, 2013

Sibylle im MedienfokusAm Freitag ist in Bern an einer Bundeshaus-Hintertüre die Petition für den Hörnerfranken eingereicht worden. Schwer beladen mit 18’000 Unterschriften wanderte die prominente Kuh Sibylle (Ex-Wetten, dass…?-Siegerin) an der Spitze eines kleinen Trüppchens von Hornfreunden unter der Ägide von IG Hornkuh und unterstützt von KAGfreiland und Demeter vom Bärengraben zur Ochsenscheune, wie das Parlamentsgebäude in bäuerlichen Kreisen ab und an auch genannt wird.

Dass der Hörnerfranken dereinst Platz findet in der Direktzahlungsverordnung ist eher mässig wahrscheinlich. Höchste Zeit deshalb für ein kleines Plädoyer zugunsten dieses Batzens zugunsten der Viehhalter mit behornten Kühen (1 Fr. pro Kuh und Tag) und Geissen (20 Rappen).

Ich würde niemandem Hornvieh vorschreiben wollen, es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die zum Entscheid des Enthornens führen können: die Unfallgefahr ist vorhanden und es braucht im Stall nicht nur mehr Platz sondern auch ein etwas zeitaufwendigeres Management.

Wer sich aber auf freiwilliger Basis dafür entscheidet, seine Tiere im natürlichen Kopfschmuck-Zustand zu belassen, der sollte dafür entschädigt werden. Dies vor allem aus drei Gründen.

1. Ökologie. Die Enthornung ist ein ziemlich happiger Eingriff in die körperliche Integrität des Tiers. Wer das optisch und physiologisch dokumentiert haben möchte, dem und der empfehle ich den Konsum des Films „Das liebe Rindvieh“ von Bertram Verhaag. Darin zeigt eine Bäuerin anhand der Schädel von einer enthornten und einer behornten Kuh die Unterschiede auf. Die enthornte Kuh entwickelt einen regelrechten Höcker, den man an jeder kurz geschorenen Elitekuh zwischen den Hornansätzen gut beobachten kann. Dieser entwickelt sich gemäss der Bäuerin aufgrund des nötigen Volumens für die Zirkulation des Methans im Körper. Sind die Hörner vorhanden, bietet sich dieser Raum in den Hornzapfen, sind diese weg, braucht es eine Ausweichvolumen.

2. Risiko und Mehraufwand. Genau wie ein Bergbauer, der mit den Bergzonen-Beiträgen für die Erschwernisse und Gefahren von steilen Lagen sowie kurzen Vegetationszeiten entschädigt wird, haben die Hornviehhalter aufgrund ihrer Wahrung der Komplettheit des Tiers Anspruch auf eine Abgeltung für erhöhtes Risiko und zusätzlichen Arbeitsaufwand, zumal diese Leistungen mindestens bis heute auf dem Markt nur ungenügend und partiell durch bessere Preise abgegolten werden.

3. Tourismusförderung. Der Spaziergang mit Kuh durch die Berner Altstadt hat gezeigt, dass behorntes Vieh beim Publikum, zumindest beim urbanen, fast durchwegs auf begeisterte Zustimmung stösst. Besonders auffällig war die Faszination, die Sibylle bei ausländischen Zaungästen auslöste. Ich bin überzeugt, dass behornte Kühe auf den helvetischen Weiden eine Attraktion darstellen, die hornloses Vieh nicht im gleichen Ausmass auszulösen vermag, allein für dieses Engagement im Dienste des Fremdenverkehrs wäre der Hörnerfranken mehr als verdient.

Die Kosten für den Hörnerfranken wären überblickbar. Von den rund 670’000 Kühen im Land (inkl. Mutterkühen) tragen nurmehr rund 10 Prozent Hörner. 67’000 mal 365 gibt 24,455 Millionen Franken, ein paar Hunderttausend Franken kämen noch für die Geissen dazu. Das ist im Verhältnis zu den jährlichen Landwirtschaftskosten von rund 3 Milliarden und angesichts des breiten Nutzens für Tier, Image der Landwirtschaft und Tourimsusindustrie ein bescheidener und gut eingesetzter Betrag. Dass dieser stark wachsen würde, ist überdies kaum anzunehmen, denn der Zustupf wäre dann doch zu bescheiden für eine breite Wiederbehornungswelle.

Ladenreportage: Überraschung in Altstetten

Juni 3, 2012

Als ich als junger Journalist bei der Schweizerischen Milchzeitung tätig war (heute heisst sie Alimenta), frönten wir öfters dem Genre der Ladenreportage. Das waren reklameträchtige Angelegenheiten. Man rückte das Geschäft ins beste Bild und erhielt dafür ein Inserat vom Erbauer der Theke und allerhand anderen Einrichtern. Einem solchen PR-Verdacht werde ich mich hier nicht aussetzen, die nun folgende Repo ist ebenso kommerziell werbefrei wie die anderen 482 Beiträge, die ich bisher hier publiziert habe. Ich hatte einfach Freude an diesem Laden, den ich letzte Woche entdeckte, weil dort von KAGfreiland ein neuer Hornkäse samt Milchproduzentin von einem Betrieb in Bachs vorgestellt wurde, worüber ich dann auch geschrieben habe. „Der Bioladen“ steht in Zürich-Altstetten, einem Quartier, das mir bisher nicht unbedingt durch besonders progressives Einkaufsverhalten aufgefallen wäre.
Pierre Moser ist aber schon länger an der Arbeit hier. Angefangen hat es vor 20 Jahren mit einem 3.-Welt-Laden. Mittlerweile ist daraus nach Umzug und Umbenennung ein stattlicher Bioladen geworden. Neben Geschäftsführer Pierre sind in der GmbH weitere 8 Leute tätig, darunter zwei Lernende und Anne-Marie Feuillet, die mir voller Begeisterung vom umfangreichen Sortiment erzählte. Dazu gehört zum Beispiel die offenbar sagenhafte Birenwegge des „Eigenbrötlers“, einem Luzerner Biobeck. Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern verkaufen Moser und sein Team nicht nur Käse, Brot, Fleisch, Früchte, Gemüse und eine grosse Auswahl an Kolonialwaren und Halbfertigprodukten, sondern auch eine ganze Wand voll Bio-Kosmetika, Haushaltartikel und das nötige für die Putzerei. Der Laden ist hell und übersichtlich gestaltet, das Publikum im boomenden Viertel scheints zu honorieren, Pierre ist jedenfalls zuversichtlich, was die Zukunft angeht. Mit den 100 Quadratmetern verfüge man über die ideale Ladengrösse, meint er. Alle, die es grösser versucht hätten, seien gescheitert. Der „Vatter“-Biosupermarkt in Bern ist das klassische Beispiel dafür. In knapp 10 Jahren will die Stadt an der Altstetterstrasse, wo der Laden steht, eine sogenannte Fussgängerzone mit Tram einrichten. Leider haben die Zürcher Verkehrsplaner noch nicht begriffen, dass Fussgängerzone mit Tram nicht funktioniert, man schaue sich den Zürcher Limmatquai an. Aber dem „Bioladen“ wird dies unter dem Strich kaum schaden. Ich wünsche weiterhin florierenden Handel!