Nochmal ein kurzer Ausflug nach Rumänien und in die Marktwirtschaft, vor allem die am Strassenrand. Hier reicht als Laden ein Kofferraum, eine Ladefläche oder eine (soeben zum Abtransport verladene) Kiste, wie hier auf dem Bild vom Markt im siebenbürgischen Hodac, wo ein paar Ferkel angeboten werden.
Viel zum Einsatz kommen auch schlichte Lieferwagen, aus deren Tiefe dann Getreide aller Art, Mehl oder andere Ware en gros angeboten werden.
Manchmal braucht es auch nur ein Tischen mit einer Waage und einem Käse, wie dieses Bild, ebenfalls aus Hodac, zeigt.
Daneben gibt es unzählige einfache Verkaufsstellen am Strassenrand. Etwa hier, wo Wein, Früchte und Gemüse im Sortiment sind. Ich vermute, dass dies hier anders auf dem Markt, wo Abgaben zu bezahlen sind, sehr informell läuft, allenfalls, wird man dem Eigentümer des Grundstücks einen Batzen in die Hand drücken…
…oder im Falle dieser Verkäuferin, die auf dem freien Feld aus dem Wohnwagen Honig verkauft, ein Glas für den lokalen Polizisten bereithalten.
Nur damit jetzt nicht der Eindruck entsteht, Rumänien werde ausschliesslich von idyllischen Bauernmärkten und Strassenverkäufern versorgt, hier noch ein Bild aus Bukarest, wo die rumänische Tochter der Zürcher Metzgerei Angst in Zusammenarbeit mit Carrefour einen schmucken Mini-Supermarkt eröffnet hat. Das Geschäft steht bezeichnenderweise im gedeckten Teil eines ehemaligen Frischmarkts, wo die Bauern und Bäuerinnen aus der Umgebung ihre Milch- und Fleischprodukte zu verkaufen pflegten. Das ist leider eine verschwindende Kultur. Das Land wird im Schnellzugstempo überzogen von mitten ins Kulturland gepflanzten gigantischen Supermärkten, wobei deutsche Ketten auffällig omnipräsent sind. Kein schönes Bild, aber bei uns in der Agglo sieht es ja auch nicht besser aus.
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Rumäniens bedrängte Kofferraum-Marktwirtschaft
Mai 11, 2014Freihandel: Downtown macht’s sich zu einfach
März 15, 2013Die „Handelszeitung“ hat diese Woche wieder einmal einen alten Klassiker reaktiviert: Landwirtschaftsbashing unter dem Titel „Wachstumsbremse Bauer“. Leider gibts von diesem Artikel online nur eine arg verkürzte Version. Und den Kauf am Kiosk kann ich auch nicht wirklich empfehlen, ist einfach etwas zu dünn die ganze Geschichte. Das Beste ist noch die Grafik auf der Front, wo Bauernpolitiker als uniformierte Muskelprotze (Jedi-Ritter? Private Sicherheitsleute?) posieren, darunter Markus Ritter, Res Aebi und Maya Graf.
Im Artikel wird den Bauern vorgeworfen, dass sie auf Kosten der übrigen Wirtschaft ihre Pfründen verteidigen. Das ist mit Verlaub wohl das Ziel einer jeden Interessengruppe in Wirtschaft und Politik, man denke nur an den kläglich gescheiterten Kampf von Economiesuisse gegen die Abzockerinititative, aber das nur nebenbei. Dass die Bauern hier besonders erfolgreich agieren ist altbekannt und wenn das kritisiert wird, steckt möglicherweise eher Neid als Sorge um wirtschaftliches Wohlergehen dahinter.
Aufgehängt ist die Geschichte am bäuerlichen Widerstand gegen Freihandelsabkommen aller Art. Sie beginnt ausgerechnet mit einer Episode vom Käsemarkt, wo Züger Frischkäse offenbar einen Auftrag in Südkorea verloren hat, da die EU mit dem Land neu ein Freihandelsabkommen ohne Agrarschranken unterhält. Ob es sinnvoll ist, Mozzarella nach Südkorea zu exportieren, muss Züger selber wissen. Käse ist aber das denkbar schlechteste Beispiel, um den Bauern Freihandelsphobie vorzuwerfen, unterhalten wir doch seit einigen Jahren ein solches Abkommen mit der EU in genau diesem Sektor, was der Leser des Artikels aber nicht erfährt, vermutlich hätte das die These tangiert.
Das Resultat des Abkommens ist bekannt. Die Schweiz wird geflutet mit ausländischem Billigkäse und die Exporte steigen in ebendiesem Segment, wo unterirdische Milchpreise bezahlt werden, während die traditionellen Sorten wie Emmentaler und Gruyère stagnieren. Soll mir einer sagen, warum man aufgrund dieser Erfahrungen aus bäuerlicher Sicht mit fliegenden Fahnen für Freihandel eintreten sollte. Zumal Handel und Industrie es ja nach wie vor vollkommen normal finden, dass importierte Produkte in der Schweiz aus reinen Profitgründen mehr kosten sollen, als im umliegenden Ausland, was bekanntlich nach wie vor auch für landwirtschaftliche Produktionsfaktoren gilt.
Item, der Artikel fährt dann fort mit einem Lamento über bäuerliche Widerstände gegen ein Freihandelsabkommen zum Beispiel mit China. Auch hier bin ich mir nicht sicher, ob sich die Landwirtschaft unkommentiert den Schwarzpeter zustecken lassen soll. Wenn ich mir vorstelle, wie die Reaktionen ausfallen, wenn nach dem Fallen der Importschranken der Kassensturz zum ersten Mal Bilder aus chinesischen Schweineställen aussendet, dann ist es vielleicht ganz gut, wenn die Hürden in diesem Bereich etwas höher sind.
Insgesamt macht es sich der Journalist der Handelszeitung zu einfach. Er präsentiert ein Amalgam aus den ewiggleichen klischierten Vorwürfen an die Landwirtschaft (Subventionsforderungen, Abwehrfront, Protektionismus, etcetc.) ohne dass er eineN einzigeN VerterterIn aus der Branche zu Worte kommen liesse. Dafür dürfen Industrievertreter hemmungslos jammern, ganz in Bauernmanier. Schade, dass soviel prominenter Platz im Blatt nicht besser genutzt wird. Denn eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Handelsfragen wäre durchaus wünschenswert, dann müsste man aber die Gesamtrechnung machen, eben beispielsweise unter Einbezug des Schweizer Kostenniveaus und der monetären Bewertung der Leistungen der hiesigen Landwirtschaft, auch vor dem Hintergrund von offenbar breit erwünschtem Landschaftsschutz und allerlei Lebensmittelskandalen.
Cheese-Awards: Vielfalt und Preis-Inflation
September 29, 2012Am Freitag habe ich mich auf den Weg nach Bellinzona gemacht, nichts weniger als die Oscar-Night des Schweizer Käseschaffens war angesagt: Die Swiss Cheese Awards, ein Anlass der alle zwei Jahre stattfindet und dies bereits zum achten Mal. Leider hatte ich nur wenig Zeit, aber die paar Stunden waren intensiv. Es war eine eindrückliche Leistungsschau des Schweizer Käseschaffens mit viel positiven Eindrücken und ein paar Abstrichen. Aber der Reihe nach.
Auf der Piazza del sole unterhalb von einem der drei Stadtschlösser in der Tessiner Metropole herrschte am späteren Nachmittag reges Markttreiben. Die Vielfalt ist eindrücklich, Stand reiht sich an Stand, stellvertretend oben Seniorchef Hans Aschwanden von der gleichnamigen Bergkäserei in Seelisberg UR mit seiner Partnerin Vreni und unten (leider unscharf und mit unsichtbarem Angebot, wann kaufe ich endlich eine rechte Kamera?) meine alte Freundin und Ex-Chefin Claude Liengme und ihr Partner Hans-Peter Furrer, ein Gruyère-Crack aus Les Reussilles BE.
Mitten drin eine Bühne auf der eigentlich Landwirtschaftsminister Schneider-Ammann hätte referieren sollen, er schaffte es aber wegen einer Beerdigung nichts ins Tessin, weshalb der heimliche Landwirtschaftsminister Lehmann das Referat des Chefs verlas. Erster Abstrich: An einem Publikumsanlass sollte es nicht tönen, wie an der Versammlung eines Käservereins. Das ganze war zu technisch und die nicht fachkundige Besucherschar hätte man mit einem emotionalen Referat über den kulturellen Wert des Schweizer Käses wohl besser bedient. Aber die Musik war schön.
Später traf sich die versammelte Branche in einem eher trostlosen aber hübsch dekorierten Betonklotz zur Award-Night. Eine Jury aus mehreren Gruppen hatte am Tag zuvor nicht weniger als 714 Käse verkostet, ein schöner Beweis für den kulinarischen Reichtum im Käsebereich. Die Spannweite reichte in 27 Kategorien vom Emmentaler AOC via „übrige Alpkäse“ (vielleicht nicht grad der geglückteste Kategoriename, man stelle sich einen Oscar für „übrige Schauspieler“ vor), Blauschimmelkäse bis zu den nicht mehr kategorisierbaren Innovationen. Es gab also nicht weniger als 27 Sieger auszuzeichnen. Das ist viel, es wäre ungerecht zu sagen zuviel, denn ein Hartkäse kann schlicht nicht mit einem Frischkäse verglichen werden. An einer Getränkedegustation vergleicht man schliesslich auch nicht Bordeaux mit saurem Most. Aber eben, 27 Gewinner gebührend zu würdigen, das braucht Können. Das ist aus meiner Sicht nicht ganz geglückt. Am Schluss war das Publikum derart ermüdet und hungrig, dass es kaum mehr einen rechten Applaus zu Stande brachte. Dem Vernehmen nach ist das jedesmal dasselbe, vielleicht könnte mans ja ein bisschen besser verteilen und dazwischen mal ein bisschen Käse servieren, zum Beispiel ein Teller mit ein paar Gewinnern drauf. Aber alles in allem: Chapeau Käsebranche.
Alpreportage(2&Saisonende): Res auf Chieneren
September 23, 2012Zufälligerweise waren wir dieses Wochenende in Nidwalden. Einen idealeren Ort könnte man nicht auswählen, um das Ende der Alpsaison zu begehen. Dieser Minikanton besteht zu gefühlten 90 Prozent aus (Alp-)Weiden. Selbst im Hauptort Stans bimmelt hinter dem Turm der gross dimensionierten katholischen Kirche am Rathausplatz am Hang das Vieh mit seinen Glocken.
Nach einem Kulturstück Käse der feinen Sorte (mehr dazu später in diesem Blog) fuhren wir dann am Sonntag aus der Nebelsuppe aufs Stanserhorn. Die neue Cabriobahn ist ein Reisli wert und der grosse Stolz der Stanser. Ziemlich spektakulär das Teil. Oben dann eine Art Minijungfraujoch mit bessererer Rundsicht. Stilecht finden ein paar Jodlerständli statt und das Restaurant ist wild auf Wild. Steile Treppen runter wandern wir Wirzweli zu. Durch sattgrüne Matten und einige Kuhherden bahnen wir uns den Weg. Der Hunger führt uns dann zum Glück auf Alp Chieneren
(von Chie=Kühen auf Nidwaldnerisch). Inhaber und Käser Res Gut fabriziert hier aus der Milch von 160 Chie von acht Alpen im Sommer 30 Tonnen Käse. Und nicht irgendwelcher. Der Alpsbrinz ist dreijährig und von einer Qualiät, die man im Käseregal meistens vergebens sucht. Coop führt die harte Perle in seinem Slow-Food-Sortiment, siehe diesen zurecht schwärmerischen Artikel in der hauseigenen Zeitung. Wie gut gereift er ist, sieht man, wenn Res ein Stück abschneidet. Das braucht den vollen Körpereinsatz.
Vor drei Jahren hat Res beschlossen, die Käserei, die vorher von einem Angestellten geführt wurde, in eigene Hände zu nehmen. Die Qualität ist 1A, seis in festem oder
geschmolzenen Zustand, wie uns der Bratchäs auf Brot im Gaumen bewies. Die 27 Kühe, die er im eigenen Stall versorgt, werden nun von einem Angestellten gemolken, die Milch der übrigen Alpen kommt per Kannen in die Käserei (Milchpreis 70 Rappen).
Die in der Käserei anfallende Molke fressen 130 Alpschweine, die sich teilweise gemütlich im Auslauf sonnen, an diesem schönen Sonntag. Für die Verwertung der Brosamen, die unter die Tischen des von einer sympathischen Angestellten (nach deren Name ich leider nicht gefragt habe) mit betreuten Alpbeizlis fallen, sind die frei zirkulierenden Hühner zuständig.
Der Alp-Sbrinz geht zu einem guten Teil an einen Händler, der wiederum Coop versorgt. Der Rest der Produktion geht in den Direktverkauf, zum Einheitspreis von 17 Franken, das geht einfacher zum Wägen. Die Bauern der Umgebung sind offensichtlich Stammkunden, zwei von ihnen decken sich während unserem Besuch gleich sackweise ein. Das ist immer ein gutes Zeichen.
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