Seit einigen Tagen hängen allenthalben Plakate mit Nutztieren in Edelweisshemden. Der Claim lautet wie seit Beginn der Bauernverbands-Kampagne im Jahr 2006 „Gut, gibt’s die Schweizer Bauern“. Neu ist, dass statt Prominente die Kuh Sonja, der Geissbock Konrad und der Border Collie Max in den Hemden stecken.
Nachdem ich die Sache nun ein paar Tage auf mich habe einwirken lassen, will sich keine rechte Freude einstellen. Tiere in Kleidern sind sonst eher die Spezialität von leicht neurotischen StädterInnen, die ihre vierbeinigen Lieblinge verhätscheln, und das ist kaum der Eindruck, den die Bauern als Tierhalter erwecken wollen.
Aber das ist wohl Geschmackssache, vermutlich erhofft man sich beim SBV, dass in Zeiten der Tierfilmli-Manie in allen Sozialmedien ein Viraleffekt entstehen wird. Wenn das den Bauern und Bäuerinnen hilft, so sei’s so, man muss ja nicht alles verstehen.
Schon problematischer dünkt mich, dass man die Tiere nicht einfach in ihren Hemden stecken und meckern, muhen oder bellen lässt, sondern dass sie auch noch sprechen müssen. Zumindest ist das der Eindruck, der auf den Plakaten erweckt wird. Leider nehmen sie dabei den Mund etwas voll. Um das nachzuweisen, muss der Durchschnittskonsument je ca 30 Sekunden googeln.
Nehmen wir Konrad: „Gut gibt’s beim Artenschutz meines Bauern nichts zu meckern“, befindet er. Dazu eines der erstbesten Zitate, das einem das Internet zuspielt: „In schlechtem Zustand ist auch die Biodiversität. Nach wie vor gibt es in der Schweiz viele gefährdete Tier-, Pflanzen-, Flechten- und Pilzarten. Auch hier werden Bautätigkeit und die Landwirtschaft als Hauptursachen genannt, zudem die Stromgewinnung aus Wasserkraft.“ (Der Bund, 29.1.15)
Oder nehmen wir Max: „Gut hält mein Bauer die Chemie an der kurzen Leine“, bellt er. Dazu die NZZ vor Jahresfrist: „Pflanzenschutzmittel und Biozide sind biologisch aktive Stoffe und können deshalb, sollten sie in Gewässer gelangen, Organismen beeinträchtigen. Nun wartet eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der Eawag mit besorgniserregenden Neuigkeiten auf: So enthalten Schweizer Fliessgewässer einen ganzen Cocktail an Pestiziden. (…) Die neuen, umfassenden Daten zeigten, dass ein Grossteil der Pestizidbelastung den Pflanzenschutzmitteln aus der Landwirtschaft zuzuschreiben sei.“
Zum Schluss noch Sonja (unpassenderweise eine Hornkuh, aber das ist ein anderes Thema): „Gut steckt mein Bauer nur das beste Gras in die Käse“, lässt sie uns wissen. Dazu aus unverdächtiger Quelle (Bauernverband im Juni 11): „Die durchschnittliche Milchleistung und damit der Kraftfutterverbrauch nehmen in der Milchviehhaltung laufend zu. Im Jahr 2009 benötigte eine Milchkuh bei einer durchschnittlichen Leistung von 6792 kg Milch pro Jahr im Mittel 824kg lufttrockenes Kraftfutter. Dies entspricht grob 11 % der verzehrten Futtermenge (Basis Trockensubstanz), was im internationalen Vergleich ein tiefer Anteil ist. Aus verschiedenen Gründen, insbesondere auch aufgrund des stark angestiegenen Drucks auf den Produzentenpreisen, scheint sich die Steigerung der Milchleistung wie auch die Zunahme des Kraftfutterverbrauchs in den letzten Jahren eher zu beschleunigen.“
Insgesamt etwas viele vollmundige Behauptungen. Die Leistungen der Landwirtschaft in Sachen Ökologie sollen damit keineswegs kleingeredet werden, aber sie derart grosszureden ist angesichts der Fakten vermutlich etwas voreilig. (Bilder aus der Kampagne)