In Deutschland ist die Landwirtschaft zur Zeit ein ziemliches Politikum. Leider nicht im positiven Zusammenhang. Zwar wird die Grüne Woche, die am Donnerstag eröffnet wird, viele schöne Bilder von Politikern im Ess- und Trinkeinsatz inmitten von feschen Produzenten und Verarbeitern in die guten Stuben bringen. Im Mittelpunkt wird dabei wie immer die Landwirtschaftsministerin stehen. CSU-Hoffnungsträgerin Ilse Aigner steht aber nicht nur an den Ständen im Mittelpunkt, sondern vor allem im Fokus der Kritik von Linken und Grünen, die die Landwirtschaft und namentlich die Tierhaltung und ihre Exzesse im kommenden Bundestagswahlkampf ins Zentrum stellen wollen.
Folgerichtig hat die Frau Minister denn dieser Tage auch den Dinosaurier-Preis des Naturschutzbunds erhalten und zwar für „ihr Festhalten an einer umweltschädlichen Agrarpolitik und ihr enttäuschendes Engagement für ein besseres Tierschutzgesetz“. In Niedersachsen, wo am Wochenende Landtagswahlen anstehen, nehmen die Grünen einen Testlauf vor, wie heute die FAZ anhand des lokalen Widerstands gegen einen gigantischen Hähnchenschlachthof aufzeigt. Die Rede ist hier von einer „Agrarwende“, die nun dringend notwendig sei. In das gleiche Horn blasen auch die in einem breiten Bündnis agierenden Organisatoren der traditionellen Demonstration am Rande der Grünen Woche, die am kommenden Samstag unter dem Motto „Wir haben es satt!“ über die Bühne geht.
Der Einsatz der deutschen Umwelt- und Naturschützer für die Kreatur und eine umweltfreundliche Landwirtschaft ist löblich, nur wird sich weder an den niedersächsischen noch an den gesamtdeutschen Urnen entscheiden, ob es effektiv zu einer Agrarwende kommt. Vielmehr hängt dies davon ab, ob es die Konsumenten weiterhin normal finden, dass sie ihr Hähnchen zu 2 Euro 99 das Stück aus der Kühltheke fischen können, wie das im besagten Artikel geschildert wird. Das ist die Abstimmung mittels Einkaufswagen. Dabei sollten wir uns hüten, gönnerhaft Richtung Norden zu blicken. Auch in der Schweiz sieht es nicht viel besser aus. Das Pouletfleisch aus Labelproduktion muss man mit der Lupe suchen, während die Importe von wo auch immer, wie auch immer produziert bestens florieren. Von den Einkaufstouristen, die ennet der Grenze Poulets für 2.99 das Stück kaufen gar nicht zu reden. (Bild Theodor Barth/Laif/FAZ)
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Diese Wahl wird nicht an der Urne entschieden
Januar 16, 2013Die Bauernlobby auf der Ökobremse
Juni 12, 2012
Die letzten zwei Tage haben die Bauernvertreter im Nationalrat wieder einmal erfolgreich auf die Ökobremse gedrückt. Am Montag lehnte die grosse Kammer eine Motion von Ständerat This Jenny und eine Parlamentarische Initiative von Daniel Jositsch ab. Beide Vorstösse forderten, Tierquälern sämtliche Direktzahlungen zu streichen und nicht nur diejenigen, welche im Zusammenhang mit der Tierhaltung stehen. Am Dienstag dann nahm der Rat eine Motion der bäuerlich dominierten Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission (UREK) an, die kurz zusammengefasst fordert, den Gewässerschutz bauernfreundlicher auszugestalten, das heisst, Revitalisierungsprojekte für Fliessgewässer räumlich möglichst knapp zu halten. Was zeigen uns diese Entscheide? Die Bauernlobby ist unverändert stark im Parlament vertreten und vermag dort auch Mehrheiten zu bilden. Das ist an sich positiv, denn die Landwirtschaft ist nicht nur räumlich, sondern auch ökonomisch in Bedrängnis. Die Frage ist nur, ob diese Macht intelligent eingesetzt wird. Was sind die Signale, die diese Entscheide aussenden? Tierquäler, es gibt sie, wenn auch nicht in grosser Zahl, geniessen trotz dem enormen Imageschaden, den sie anrichten, Artenschutz. Das kann nicht im Sinne der grossen Mehrheit der Bauern sein, die ihre Tiere gesetzeskonform oder gar labelgerecht tierfreundlich halten; zumal der ökologische Leistungsnachweis, dessen Einhaltung die tiergerechte Haltung fordert erfüllt sein muss, wenn einer Direktzahlungen erhalten will. Zweites Signal: Gewässerschutz ist schon recht, aber nur solange er uns nicht tangiert. Ich kann nachvollziehen, dass die Bauern heute um jeden Quadratmeter feilschen, aber es gilt zu anerkennen, dass man dank Drainage, der Begradigung und Eindolung von Bächen sowie der damit einhergehenden Ausräumung ganzer Kulturlandschaften einst viel Land dazu gewonnen hat. Dem gesellschaftlichen Wandel, der die Landschaft vermehrt als gestalteten Erholungsraum betrachtet, gilt es Rechnung zu tragen und ein Stück davon zurückzugeben. Die Landwirtschaft soll ihren Platz haben, aber sie muss bereit sein ihn, zumindest an den Rändern, zu teilen. Das wird die Steuerzahler, von denen jeder Bewirtschafter heute in hohem Masse abhängig ist, froher stimmen, als eine Pflugsohle bis an das Flussufer. (Bild Bauernzeitung)
PS. Zu dieser Geschichte haben sich kurz nach Erscheinen dieses Artikels Fischer und Bauern noch eine kleine Wasserschlacht geliefert. An der DV fuhr der Zentralpräsident des Schweizerischen Fischereiverbands (SFV) das grosse Schleppnetz aus, und steckte die Bauernlobby in die Reuse. Hier die Medienmitteilung. Das wollte Brugg nicht auf sich sitzen lassen und konterte diesen Akt der Bauernfängerei mit einer eigenen Mitteilung. Die Zusammenfassung des kleinen Verbands-Clashes finden Sie hier.