Garnierter Nachruf auf Gordon Belinda

Vor einigen Tagen hat Sturzeneggers Gordon Belinda im Alter von knapp zehn Jahren das Zeitliche gesegnet. Belinda war nicht irgendeine Kuh, sondern amtierende Braunvieh-Europameisterin und vermutlich der grösste züchterische Stolz der Familie Sturzenegger aus Heiden.
Ursache des unvermittelten Abgangs waren fütterungsbedingte Stoffwechselprobleme. Dass dies selbst einem Spitzenzüchter passieren kann zeigt, wie anspruchsvoll die Haltung von Hochleistungskühen ist – Belinda verzeichnete zuletzt eine Milchleistung von über 10 800 Kilo jährlich.
Dem Vernehmen hat der Tod seiner Spitzenkuh den Züchter auch emotional schwer getroffen. Das Tier ist auf seinem Hof zur Welt gekommen und zur Championne an allen möglichen Fronten herangewachsen. Auch wenn Spitzenzüchtung gerne mit Autotuning vergichen wird („Turbokühe“), ist das Verhältnis von Züchterfamilie zu Kuh ein anderes als das von Garagier zu tiefer gelegtem Ferrari. Das wird schön illustriert durch Bilder in der Agrarpresse, wo die Kühe fast wie Familienmitglieder präsentiert werden. Die Bilder täuschen nicht: Erfolgreiche Zucht erfordert ähnlich viel Engagement und Zeit, wie das Grossziehen von Kindern.
Das muss man wissen, um einen der schwelendsten Konflikte in der Szene zu begreifen: den Ärger der bäuerlichen Züchter über Firmen, die sich mit viel Geld aus nicht-bäuerlicher Quelle fertige Spitzenkühe kaufen und mit diesen dann an den Schauen Lorbeeren abholen.
Kritisiert werden hinter vorgehaltener Hand namentlich die GS Alliance, eine Urner Firma, deren Eigentümer das Geld mit Fensterbau verdienen und die Iffwiler Viehändlerdynastie Junker. Ich kann den Ärger durchaus nachvollziehen, aber ein schales Nebengeschmäckli bleibt: Wie so oft ist die bäuerliche Kritik inkonsequent. Mit GS oder Junker will es mit einem lauten Maul keiner verderben. Denn wer weiss, ob nicht plötzlich ein Vertreter dieser solventen Handelskaste in der Stalltüre steht und eine erkleckliche Summe für eine Spitzenkuh offeriert, die man trotz aller emotionalen Bindung ziehen lassen will. (Bild Robert Alder/Schweizer Bauer)

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