Posts Tagged ‘Peter Gfeller’

AgReminiszeNZZen aus 13 Jahren (13): Handtuch

Juni 28, 2013

Zwei EntnervteZum Abschluss dieser kleinen Serie noch einmal eine typische Fingerübung: Rücktritte mit Nebengeräuschen sind immer gut für uns Journalisten, noch besser ist nur ein Doppelrücktritt, wie hier derjenige von Peter Gfeller und Albert Rösti von der SMP-Spitze. Ehrlich fuhr ich auch immer gerne an Landwirtschafts-Pressekonferenzen, sie sind meistens unterhaltsam, nicht weil die rhetorischen Fähigkeiten von Agrar-Exponenten jetzt grad überproportional entwickelt wären, sondern mehr, weil ich immer einen Haufen alte KollegInnen traf.

Ich werfe jetzt auch mein Handtuch, völlig unentnervt. Es waren kurzweilige und gemütliche Jahre in der WG mit meiner alten Tante, gekocht hat sie mit der Zeit zwar nicht mehr für uns, aber Sackgeld gab’s immer und pünktlich. Ich wünsche meiner lieben Verwandten viel Glück auf all den holprigen Wegen, welche sie auf der Fahrt in eine rosige Zukunft (durch eine von Bauern prächtig gepflegte Kulturlandschaft natürlich) mit ihrem gut renovierten Oldtimer zu befahren hat.

Mittleres Erdbeben & ein Lehrstück am Milchsee

Februar 1, 2013

Medienkonferenz der SMP am 1.2.13Für die normalerweise eher träge vor sich hin drehende landwirtschaftliche Verbandswelt gleicht der Doppelrücktritt an der Spitze der Schweizer Milchproduzenten (SMP) einem mittleren Erdbeben. Der Präsident nimmt ausserterminlich den Hut und der 45-jährige Direktor, dessen Posten als Lebensstelle gedacht war, kündigt 20 Jahre vor dem geplanten Termin. Bei genauerem Hinsehen ist die personelle Palastrevolution aber nur der vorläufige Tiefpunkt beim Abrutschen des einst mächtigsten Landwirtschaftsverbands in die Bedeutungslosigkeit.
Als er noch Zentralverband der Schweizer Milchproduzenten hiess – böse Zungen sprachen vom Zentralkomitee der Milchwirtschaft -, machte er das (preislich dauerhaft gute) Wetter für die damals noch deutlich zahlreicheren Mitglieder.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Innerhalb von wenigen Jahren ist die Marktmacht geschwunden, die SMP sind vom Politbüro zur gut dotierten Werbe- und Marketingagentur der Milchbranche geworden. Die zu vielen Mitgliederorganisationen, welche die Hoheit über die Preisbildung mehr schlecht als recht in die Hand genommen haben, scherten sich in den letzten Jahren keinen Deut mehr um die unter Ägide von Peter Gfeller und Albert Rösti gefassten Beschlüsse, im Gegenteil, sie hintertrieben sie und brachten die beiden willigen Verbandschefs an den Rande des Nervenzusammenbruchs, was sie denn anlässlich der Medienkonferenz von heute auch ausführlich dokumentierten. Dass sie nun geballt abtreten, dürfte mit dem Bedeutungsverlust des Verbands aber mindestens so viel zu tun haben, wie mit dem illoyalen Verhalten der Regionalfürsten.
Ganz nebenbei ist die Geschichte auch ein kleines Lehrstück in Sachen Agrarökonomie: Ein geschützter und krass asymmetrischer Markt wird geöffnet. Den verbliebenen rund 25000 Milchbauern stehen vier Verarbeiter und zwei Detailhändler gegenüber. Dazwischen hat sich eine Schicht von Milchhändlern etabliert, die – es ist zwar egoistisch aber nicht verboten – die Betriebe mit den grössten Mengen entlang von Autobahnen herauspicken und eine schonungslose Mengenstrategie fahren. Diese Profiteure der neuen Marktordnung werden nun allenthalben als Übeltäter an den Pranger gestellt. Damit machen es sich die klagenden Milchbauern (und die scheidenden Verbandsspitzen) allerdings etwas einfach.
Die Händler und die ihnen liefernden Bauern verhalten sich opportunistisch, so wie es für die Player in relativ freien Marktwirtschaften üblich ist. Die Milchbauern, die heute teilweise unter ihren Einstandskosten liefern, würden wohl liebend gerne einen besseren Preis lösen. Wenn sie aber individuell ihre Menge senken, nützt ihnen das gar nichts, wie Albert Rösti heute selber festgestellt hat. Deshalb bolzen sie weiter, auch weil es für sie keine alternativen Absatzmöglichkeiten gibt. Der Rücktritt von Gfeller und Rösti ist deshalb auch ein Eingeständnis, dass es dem SMP nie auch nur ansatzweise gelungen ist, die angedachten Alternativen mit höherer Wertschöpfung umzusetzen. Dies wird auch den Nachfolgern kaum gelingen, dem Verband kann man deshalb keine bessere Zukunft prognostizieren.